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Medizin

Winterkinder haben später anfälligere Lungen

Forscher identifizieren neue Einflussfaktoren für eine frühzeitige Alterung der Lunge

Röntgenbild der Lunge © Colourbox

Frühe Programmierung: Eine Geburt in den Wintermonaten beeinflusst die spätere Lungengesundheit negativ, das hat eine europäische Studie ergeben. Auch ein höheres Alter der Mutter bei der Geburt wirkt sich demnach negativ aus. Einen Schutzeffekt haben dagegen ältere Geschwister, Haustiere und der Besuch einer Krippe oder Kita, wie die Forscher im Fachmagazin „PLOS ONE“ berichten.

Zu welcher Jahreszeit wir geboren werden, kann auch unser späteres Leben beeinflussen: So zeigen Studien, dass Sommerkinder später in die Pubertät kommen, Mai-Geborene statistisch gesehen am gesündesten sind und dass die Jahreszeit der Geburt sogar die spätere Persönlichkeit beeinflussen kann.

Spurensuche in der frühen Kindheit

Jetzt haben Cecilie Svanes von der Universität Bergen in Norwegen und ihre Kollegen einen weiteren Effekt der Jahreszeit entdeckt: Eine Geburt während der Wintermonate scheint die spätere Anfälligkeit der Lunge und die Alterung des Lungengewebes negativ zu beeinflussen. Für ihre Studie werteten sie die Daten von knapp 13.000 europäischen Männern und Frauen im Alter zwischen 40 und 70 Jahren aus, deren Gesundheit im Rahmen zweier großer Erhebungen über längere Zeit verfolgt worden war.

Die Forscher suchten dabei im Speziellen nach frühkindlichen Faktoren, die das spätere Risiko für eine vorzeitige Abnahme der Lungenfunktion und die Neigung zu Lungenerkrankungen beeinflussen. Bereits bekannt ist beispielsweise die Tatsache, dass eine rauchende Mutter der Lungengesundheit ihres Kindes schadet. „Es ist logisch, dass die frühe Entwicklung die Systeme in unserem Körper prägt, die unsere Gesundheit erhalten und Schäden reparieren“, erklärt Svanes.

Anfälligere Lunge bei Winterkindern

Bei der Auswertung zeigte sich, dass Kinder, die in den Wintermonaten geboren wurden, später früher unter einer Abnahme der Lungenfunktion litten. „Dieser Zusammenhang war sehr deutlich und in allen europäischen Regionen messbar“, betonen Svanes und ihre Kollegen. Der Mechanismus hinter diesem Einfluss ist allerdings noch nicht geklärt. „Dieser Effekt verdient weitere Untersuchungen“, so die Forscher.

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Eine mögliche Erklärung könnten frühe Infektionen bieten: „Wer im Winter geboren wird, ist häufiger schon im Mutterleib viralen Infekten oder Allergenen ausgesetzt und erkrankt auch häufiger in den ersten Lebensmonaten an einer Atemwegsinfektion“, erklären die Wissenschaftler. Auch ein im Winter häufiger auftretender Vitamin-D-Mangel der Mutter während der Schwangerschaft könnte eine Rolle spielen, denn er wurde auch schon im Zusammenhang mit kindlichem Asthma diskutiert.

Effekte auch durch Alter der Mutter, Haustiere und Kita

Als ein weiterer Einflussfaktor für die Lungengesundheit erweis sich das Alter der Mutter bei Schwangerschaft und Geburt. „Wir haben eine ausgeprägtere Abnahme der Lungenfunktion bei den Teilnehmern gefunden, die von älteren Müttern geboren wurden“, berichten Svanes und ihre Kollegen. Möglicherweise hänge dies mit biologischen Alterungserscheinungen der Mutter zusammen oder mit der Tatsache, dass bei solchen Schwangerschaften häufiger Komplikationen und Kaiserschnitt-Geburten vorkommen.

Die Forscher stießen aber auch auf positive Effekte: Wer als Kind in einer Krippe oder einer Kindertagesstätte war, bei dem ist die Lunge später weniger anfällig und auch die Lungenfunktion nimmt langsamer ab als bei Altersgenossen, die nur zuhause aufwuchsen. Ein ähnlicher Schutzeffekt geht offenbar von älteren Geschwistern oder einem Haustier aus, wie Svanes und ihre Kollegen feststellten.

„Im frühen Kindesalter programmiert“

„Unsere Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass die Alterung der Lunge, die sich durch eine Abnahme der Lungenfunktion manifestiert, schon im frühen Kindesalter programmiert wird“, konstatieren die Wissenschaftler. „Das könnte erklären, warum einige Menschen später sensibler auf Rauchen und anderer Luftschadstoffe reagieren als andere.“

Nach Ansicht von Svanes könnte das Wissen um solche frühkindlichen Risikofaktoren dazu beitragen, besonders gefährdete Menschen frühzeitig zu erkennen und hier noch intensiver an einer Vorbeugung von Lungenerkrankungen zu arbeiten. Sie und ihre Kollegen wollen als nächstes versuchen, die Mechanismen hinter diesen neuentdeckten Einflussfaktoren zu klären und die Zusammenhänge zudem an einer noch größeren Teilnehmerzahl überprüfen. (PLOS ONE, 2016; doi: 10.1371/journal.pone.0145127)

(University of Bergen, 18.02.2016 – NPO)

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