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Astronomie

Supererde mit Blausäure-Atmosphäre

Naher Exoplanet 55 Cancri e ist noch exotischer als bisher angenommen

Die Supererde 55 Cancri e umkreist ihren sonnenähnlichen Stern sehr nah. © ESA/Hubble, M. Kornmesser

Kohlenstoffreich und ziemlich giftig: Astronomen haben erstmals einen Einblick in die Gashülle der nahen Supererde 55 Cancri e gewonnen. Ihre Spektralanalysen enthüllen, dass die Atmosphäre zwar keinen Wasserdampf enthält, dafür aber umso mehr Wasserstoff, Helium – und reichlich giftiges Blausäuregas. Dieser ungewöhnliche Fund spricht dafür, dass 55 Cancri e tatsächlich sehr kohlenstoffreich ist und zudem noch exotischer als gedacht.

Die nur rund 41 Lichtjahre von uns entfernte Supererde 55 Cancri e ist ein Planet der Superlative: Die Supererde mit der achtfachen Masse der Erde hat eine so hohe Dichte, dass Astronomen darüber spekulieren, ob dieser Planet teilweise aus Diamant und Graphit bestehen könnte. Zudem umkreist 55 Cancri e seinen sonnenähnlichen Stern extrem eng und schnell – ein Jahr dauert nur 18 Stunden. Als Folge ist die Oberfläche im Mittel 2.000 Grad heiß. Die Temperatur schwankt jedoch so stark, dass Forscher eine starke vulkanische Aktivität vermuten.

Erster spektraler Blick in die Gashülle

Jetzt liefert das Weltraumteleskop Hubble neue Überraschungen von dieser nahen Supererde. Mit ihm gelang es Angelos Tsiaras vom University College London und seinen Kollegen, die Zusammensetzung der Atmosphäre von 55 Cancri e zu ermitteln. „Zum ersten Mal haben wir die spektralen Fingerabdrücke der Gase eingefangen, die in der Atmosphäre einer Supererde vorkommen“, so Tsiaras.

Für die Messung strichen die Astronomen mit der Wide-Field Camera 3 des Teleskops sehr schnell über den Stern und die Supererde hinweg. Auf diese Weise verhinderten sie, dass das helle Licht des Sterns die Optik überfrachtete, konnten aber dennoch Spektren des Sternenlichts im Infrarotbereich einfangen. Weil dieses Licht auch durch die Gashülle des Planeten scheint, geben seine Spektrallinien Aufschluss über die dort vorhandenen Elemente.

55 Cancrei e ist die erste Supererde, deren Atmosphäre Astronomen analysiert haben. © ESA/Hubble, M. Kornmesser

Wasserstoff, Helium – und Blausäure

Das Ergebnis: Die Atmosphäre von 55 Cancri e besteht zum großen Teil aus sehr leichten Elementen, wie die Forscher berichten. „Das spricht dafür, dass der Planet eine signifikante Menge von Wasserstoff und Helium aus dem Urnebel behalten hat, aus dem er entstanden ist“, sagt Tsiaras. Wasserdampf scheint dagegen in der Gashülle dieser Supererde nicht vorhanden zu sein, von ihm ließ sich kein spektrales Signal finden.

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Außergewöhnlich waren jedoch zwei weitere Spektrallinien der Gashülle, denn sie könnten von Cyanwasserstoff (HCN) stammen –Blausäuregas. „Wenn sich dies bestätigt, dann wären die Konsequenzen für die Chemie von 55 Cancri e erheblich“, betonen die Forscher. Denn diese Verbindung ist für uns zwar hochgiftig, sie gilt aber als Indikator für Atmosphären, die von Kohlenstoffverbindungen dominiert werden.

Ungewöhnlich kohlenstoffreich

„Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass diese Supererde eine kohlenstoffreiche Umwelt besitzt, die noch ungewöhnlicher ist als bisher angenommen“, sagen Tsiaras und seine Kollegen. Gleichzeitig passt diese mögliche Dominanz des Kohlenstoffs in der Gashülle gut zur Theorie von 55 Cancri e als „Diamantplanet“. Denn wenn seine Oberfläche vorwiegende aus Kohlenstoffverbindungen besteht, ist es naheliegend, dass auch die Gashülle entsprechende Spuren dieses Elements zeigt.

„Diese Daten geben uns einen ersten Einblick in die Atmosphäre einer Supererde und liefern uns Hinweise darauf, wie dieser Planet beschaffen ist, wie er sich gebildet und entwickelt haben könnte“, sagt Tsiaras. „Das hat große Bedeutung für 55 Cancri e, aber auch andere Supererden.“ (Astrophysical Journal, in press; arXiv:1511.08901)

(Europlanet Media Centre, 17.02.2016 – NPO)

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