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Biologie

Chinas Hauskatzen waren anders

Chinesische Siedler der Jungsteinzeit domestizierten eine andere Wildkatzenart als bei uns

Frühe chinesiche Haukatezn stammen von der wilden Bengalkatze (Prionailurus bengalensis) ab. © Kuribo/CC-by-sa 3.0

Die Katze wurde zweimal in der Geschichte domestiziert – einmal im Nahen Osten und einmal unabhängig davon in China, wie eine Studie belegt. Demnach waren die vor rund 5.000 Jahren in China lebenden Hauskatzen keine Importe aus Ägypten oder Babylonien, sondern vor Ort gezähmte Abkommen der in Asien heimischen Bengalkatze. Erst mehrere Jahrtausende später wurden diese frühen Hauskatzen dann von Importen aus dem Westen verdrängt, wie die Forscher im Fachmagazin „PLOS ONE“ berichten.

Die Hauskatze ist nach dem Hund das wohl beliebteste Haustier weltweit – und das schon seit Jahrtausenden. Schon vor rund 7.000 Jahren wurden Katzen im babylonischen Uruk und im alten Ägypten gehalten, vor 9.000 Jahren gab es sich bereits auf der Insel Zypern, wie Fossilien belegen. Unter anderem deshalb verorten Forscher die Anfänge der Domestikation der Wildkatze im Nahen Osten. Doch vor einigen Jahren entdeckten Archäologen auch in China die 5.300 Jahre alten Überreste von zumindest teilweise domestizierten Katzen.

Wo lebten die ersten Hauskatzen?

Dieser Fund löste Diskussionen darüber aus, wo denn nun wilde Katzen erstmals zu Mitbewohnern des Menschen wurden: im Nahen Osten oder vielleicht doch in China? Einige Forscher vermuteten, dass die im Nordwesten Chinas entdeckten steinzeitlichen Katzen nicht vor Ort domestiziert wurden, sondern stattdessen aus dem fruchtbaren Halbmond importiert wurden. Belegen ließ sich dies jedoch nicht.

Jean-Denis Vigne von der Sorbonne Universität in Paris und seine Kollegen sind dieser Frage nun erneut nachgegangen. Für ihre Studie verglichen sie die Kieferknochen von fünf in China gefundenen domestizierten Katzen mit denen heutiger Hauskatzen, verschiedenen Stämmen der Wildkatze Felis sylvestris und der in Asien verbreiteten Bengalkatze (Prionailurus bengalensis).

Schädel einer vor rund 5.000 Jahren in der chinesischen Provinz Shaanxi gezähmten Katze. © J.-D. Vigne/ CNRS/MNHN

Gezähmte Bengalkatzen

Das Ergebnis: Bei den Katzen aus den rund 5.000 Jahre alten chinesischen Siedlungen handelt es sich nicht um domestizierte Abkömmlinge der Wildkatze Felis sylvestris, sondern um Nachfahren der wilden Bengalkatzen. Damit jedoch sind diese chinesischen Katzen nicht mit den Hauskatzen des Nahen Ostens und auch nicht den heutigen Hauskatzen verwandt, die alle von der Wildkatze Felis sylvestris abstammen.

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Stattdessen gingen die Bewohner des steinzeitlichen China offenbar einen Sonderweg und zähmten stattdessen die bei ihnen einheimische Bengalkatze. „Die Bengalkatze ist dafür bekannt, dass sie sich gut an vom Menschen geprägte Umgebungen anpassen kann“, erklären Vigne und seine Kollegen. „Das macht sie zu einem guten Kandidaten für eine kommensale Beziehung zu den jungsteinzeitlichen Menschen in diesen Siedlungen.“

Zweimal domestiziert

Die Zuordnung der chinesischen Katzenfossilien zur Bengalkatze widerlegt die Theorie, dass die ersten Hauskatzen Chinas Importe aus dem Nahen Osten gewesen sind. Stattdessen wurde die Katze zweimal unabhängig voneinander an den Menschen gewöhnt und domestiziert, so die Forscher.

Allerdings: Für die Bengalkatzen in China war dies offenbar nur eine vorübergehende Phase. Denn heutige Hauskatzen in Asien stammen alle von der Wildkatze Felis sylvestris ab, wie Vigne und seine Kollegen erklären. Sie können daher keine direkten Nachkommen der jungsteinzeitlichen Mäusejäger sein. Ihre Vorfahren müssen irgendwann ins Reich der Mitte importiert worden sein.

Wann dieser Import stattfand – ob beispielsweise über die Handelsverbindungen der Seidenstraße – bleibt bisher unbekannt. Unklar ist auch, ob die in kaiserlichen Gräbern der Han-Dynastie entdeckten Katzenüberreste bereits diesen neuen Hauskatzen angehörten oder aber noch Abkömmlinge der Bengalkatzen waren. Das müsse nun noch untersucht werden, sagen die Forscher. (PLOS ONE, 2016; doi: 10.1371/journal.pone.0147295)

(CNRS/PLOS, 25.01.2016 – NPO)

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