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Geowissen

Arktis: Seen als Methanschleudern

Emissionen des Treibhausgases aus Gewässern im hohen Norden sind höher als gedacht

Seen im Norden Schwedens: Sie geben mehr Methan ab als bisher angenommen. © Jo Uhlbäck

Zeitbombe im hohen Norden: Die Seen und Tümpel nördlich des 50. Breitengrads geben deutlich mehr Methan ab als bisher angenommen. Schon jetzt machen ihre Emissionen fast drei Viertel des gesamten natürlichen Methanausstoßes im hohen Norden aus. Und mit zunehmender Verlängerung der eisfreien Saison geben sie immer mehr von diesem potenten Treibhausgas an die Atmosphäre ab, warnen Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Bisher galten vor allem die Meeresböden der Kontinentalhänge und der Permafrost als Quellen für das potente Treibhausgas Methan. So sorgt der Klimawandel dafür, dass sich die Methanhydrat-Vorkommen im Atlantik, im Pazifik und selbst im Südpolarmeer erwärmen und dabei immer mehr von dem Gas freisetzen.

Die „vergessene“ Quelle

Doch eine potenzielle Quelle wurde bisher weitgehend außer Acht gelassen: die Gewässer. „Seen und Tümpel repräsentieren eine der größten natürlichen Quellen für das Treibhausgas Methan“, erklären Martin Wilk von der Universität Stockholm und seine Kollegen. Zwar war durchaus klar, dass Feuchtgebiete das Gas freisetzen, wie viel jedoch insgesamt auf die Gewässer zurückgeht, war bisher nur in groben Zügen bekannt.

Für ihre Studie haben Wilk und seine Kollegen nun die Methanemissionen von 733 Seen und Tümpeln nördlich des 50. Breitengrads ausgewertet. Von diesen Gewässern ist bekannt, dass sie einen Großteil des Treibhausgases im Frühjahr abgeben, nachdem das Eis geschmolzen ist. Durch den Klimawandel verlängert sich die Zeit, in der die Gewässer eisfrei sind immer mehr – und das erhöhte ihren Methanausstoß, wie die Forscher erklären.

Ein Viertel mehr als gedacht

Das Ergebnis: „Wir schätzen, dass die Seen und Tümpel nördlich des 50. Breitengrads 16,5 Teragramm Methan pro Jahr abgeben“, berichten Wilk und seine Kollegen. Das jedoch ist fast ein Viertel mehr als bisher angenommen. Und nicht nur das: Den neuen Schätzungen nach machen die Methan-Emissionen dieser Gewässer sogar 70 Prozent der gesamten natürlichen Methanfreisetzung im hohen Norden aus.

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„Wir müssen die Methan-Freisetzung der Seen und Tümpel im hohen Norden ernst nehmen“, warnt Wilk. „Diese Gewässer sind signifikante Quellen des Treibhausgases, denn zusammen bedecken sie weite Teile der Landschaft.“ Und wie die Forscher betonen, ist ihre Schätzung sogar noch konservativ. Denn sie berücksichtigen nicht, dass bei stärkerem Wind vermehrt Methan aus dem durcheinander gemischten Wasser frei wird und auch nicht, dass selbst im Winter Methan aus Blasen und Rissen im Eis entweichen kann.

Bis zu 50 Prozent mehr bis 2100

Und es wird mehr werden: „Die Dauer der eisfreien Saison in der Arktis hat sich seit 1850 stetig verlängert – und dieser Trend wird mit weiterer Erwärmung der Arktis weiter anhalten“, berichten die Forscher. Doch das verlängert auch die Zeit, in der Methan frei wird. „Wir haben berechnet, dass schon eine Verlängerung der eisfreien Saison um 20 Tage die Methan-Emissionen der Seen und Tümpel um 30 Prozent erhöht“, so Wilk und seine Kollegen.

Wenn der Klimawandel weiter geht wie bisher, könnten schon vor Ende dieses Jahrhunderts die Methan-Emissionen der Seen und Tümpel im hohen Norden um 20 bis 50 Prozent steigen. Da Methan die mehr als 20-fache Treibhauswirkung von Kohlendioxid besitzt, könnte dies die globale Erwärmung weiter antreiben.

„Das bedeutet, dass es noch dringender wird, die menschengemachte Erwärmung zu bremsen, um diese Art der positiven Rückkopplung zu verhindern“, betont Koautor David Bastviken von der Universität Linköping. „Jede Reduktion von Emissionen aus fossilen Brennstoffen bringt sozusagen einen doppelten Vorteil.“ (Nature Geoscience, 2016; doi: 10.1038/ngeo2578)

(Stockholm University, 05.01.2016 – NPO)

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