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Chemie

Eiweiß jetzt auch mit Poren

Peptide als neue Klasse mikroporöser organischer Feststoffe

Zeolith: Molekül mit Hohlraum © Universität Leipzig

In Wissenschaft und Technik begehrte Katalysatoren, Mikro- Reaktionskammern, Speicher und Molekularsiebe bestehen häufig aus Feststoffen mit mikroskopischen Hohlräumen, in denen andere Moleküle als „Gäste“ Platz finden. Die wichtigste und vielseitigste Klasse poröser Materialien ist der Silikattyp der Zeolithe. Aber poröse Gerüste sind nicht nur bei anorganischen Stoffen zu finden, auch organische Materialien können von feinen Kanälen durchzogen sein. Ein kanadisch- russisches Team hat nun eine neue Klasse „Biozeolithe“ entdeckt, die aus einfachen Peptiden bestehen.

In der belebten Natur spielen Hohlräume eine wichtige Rolle, etwa als Ionenkanäle und Membranporen. Aufgebaut sind diese sehr komplexen Gebilde aus Proteinen. Dmitry V. Soldatov, Igor L. Moudrakovski und John A. Ripmeester wählten für ihre Studien lieber eine ganz einfache Eiweiß-Variante. Sie beschränkten sich auf zwei Proteinbausteine, die Aminosäuren Valin und Alanin, und verknüpften sie.

Je nachdem welche Amino- an welche Säuregruppe gekuppelt wird, entstehen zwei verschiedene Dipeptide: Alanyl-Valin (AV) und Valyl- Alanin (VA). Beide kristallisieren zu mikroporösen Festkörpern: Die Kristalle bestehen aus gewundenen Dipeptidketten, in deren Zentren jeweils ein offener Kanal entsteht. Diese Kanälchen sind nicht gerade, sondern in sich verdrillt.

Das Besondere: Alle Kanäle sind in die selbe Richtung, nämlich rechts herum, verdrillt. Bild und Spiegelbild, das heißt hier rechts- und linksdrehende Wendel, sind nicht identisch – solche Gebilde nennt man chiral. Auch Aminosäuren sind chiral, die natürliche Spielart ist die „linke“ Sorte – die im Fall der Dipeptid- Kristalle zu rechtshändig verdrillten Kanälen führt. Stoffe mit chiralen Kanälen sind nur schwer herstellbar, aber sehr begehrt, denn sie kommen als Mittel für die oft ausgesprochen schwierige Trennung der „rechten“ und „linken“ Varianten chiraler Moleküle in Frage.

Obwohl die AV- und die VA-Kristalle sehr ähnlich aufgebaut und dimensioniert sind, gibt es deutliche Unterschiede: Das Edelgas Xenon wird in VA-Kanälchen wesentlich stärker festgehalten als in AV-Poren.

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Grund scheint der minimal kleinere Porendurchmesser von VA-Kristallen zu sein: In den kleineren Hohlräumen ist die Wechselwirkung der Gasatome mit der Porenwand intensiver.

Wenn man an die Vielfalt möglicher kleiner Peptide denkt, so scheint sich hier ein wahrer Kosmos an neuartigen, sehr robusten porösen Materialien zu eröffnen: Über Art, Anzahl und Reihenfolge der verknüpften Aminosäurebausteine könnten die Poreneigenschaften dieser „Biozeolithe“ vielleicht gezielt auf eine spezielle Anwendung zugeschnitten werden. Ungiftige Peptide sind dabei auch für biomedizinische Anwendungen geeignet.

(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 25.11.2004 – NPO)

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