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Biotechnologie

Erste Hundewelpen aus der Retorte

Mit gut 30 Jahren Verspätung klappt nun die künstliche Befruchtung auch beim Hund

Zwei der durch künstliche Befruchtung erzeugten Hundewelpen im Alter von sieben Wochen. © Cornell University

Welpen „aus dem Reagenzglas“: Was bei uns Menschen schon seit gut 30 Jahren Routine ist, hat erst jetzt endlich auch bei Hunden geklappt: die in-vitro-Fertilisation. In den USA wurden die ersten sieben Hundewelpen geboren, die durch künstliche Befruchtung entstanden sind. Dieser Durchbruch könnte helfen, bedrohte Populationen von Wölfen und Schakalen zu erhalten, wie die Forscher im Fachmagazin „PLOS ONE“ berichten. Aber auch Inzuchtfolgen bei Haushunden ließen sich so besser beheben.

Als der Brite Robert Edwards die künstliche Befruchtung entwickelte und in den 1970er Jahren erstmals erfolgreich am „Retortenbaby“ Louise demonstrierte, begann eine neue Ära der Reproduktionsmedizin. Millionen ungewollt kinderlose Paare haben seither die Möglichkeit genutzt, die Eizellen der Frau außerhalb des Körpers mit Spermien befruchten zu lassen – das Ganze ist heute Routine.

Anders jedoch bei Hunden und allen anderen Caniden: „Seit Mitte der 1970er hat man versucht, das auch bei Hunden zu machen und blieb erfolglos“, erklärt Seniorautor Alex Travis von der Cornell University. Die Embryos entwickelten sich gar nicht erst und kein einziger lebender Welpe wurde geboren. Der Grund: Die Fortpflanzung bei Hunden ist anders und deutlich komplizierter als in anderen Säugetieren. Hinzu kommt, dass die Eierstöcke von Hündinnen monatelang inaktiv sind und nur ein- bis zweimal im Jahr überhaupt Eizellen produzieren.

Unreife Eizelle und unfertige Spermien

Ein weiterer Unterschied: Bei Hunden werden die weiblichen Eizellen schon im unreifen Zustand von den Eierstöcken abgegeben. Sie reifen erst bei ihrer Wanderung durch den Eileiter. Den richtigen Zeitpunkt für die Entnahme abzupassen, und die Eizelle dann auch zu finden, ist daher erheblich schwerer. Bisher hatte man versucht, unreife Eizellen zu entnehmen und sie in Nährlösung nachzureifen. Doch das scheiterte, wie die Forscher berichten.

Sie spielen und toben wie alle anderen Hundewelpen auch: Die IVF-Welpen mit sieben Wochen. © Cornell University

Und noch eine Hürde gibt es: die Spermien. Normalerweise macht erst der Aufenthalt im Genitaltrakt der Hündin die Spermien fortpflanzungsbereit. Gibt man sie einfach nur ins Reagenzglas zu Eizelle, tut sich daher nicht viel. Erst als die Forscher entdeckten, dass die Zugabe von Magnesium zur Spermienlösung das Problem löste, gelang eine in-vitro Befruchtung der Hunde-Eizelle.

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Sieben gesunde Welpen

„Indem wir eine verbesserte Methode zur Aktivierung der Spermien und sechs Tage im Körper der Hündin gereifte Eizellen nutzten, gelang es uns, Embryos mit hoher Effizienz zu erzeugen“, berichten die Wissenschaftler. Die Rate erfolgreicher Befruchtungen lag zwischen 80 und 90 Prozent. Damit diese Embryos jedoch von der Gebärmutter der Leihmutter angenommen werden, müssen sie bereits im Vierzell-Stadium eingepflanzt werden – früher als beim Menschen.

Im nun erfolgreichen Experiment pflanzten die Forscher einer Leihmutter-Hündin schließlich 19 durch künstliche Befruchtung erzeugte Hunde-Embryos ein. Nach einer normal verlaufenden Trächtigkeit wurden per Kaiserschnitt sieben gesunde Welpen geboren: zwei von einer Beagle-Mutter und einem Cocker-Spaniel-Vater und fünf reinrassige Beagles. Sie unterscheiden sich bisher in nichts von normal gezeugten Artgenossen und wachsen gesund heran, wie Travis und seine Kollegen berichten.

Hilfreich für Artenschutz und gegen Inzuchtfolgen

Nützlich ist die künstliche Befruchtung nicht nur, um gezielt bestimmten Hundelinien oder Rassen bei der Fortpflanzung zu helfen. Die In-vitro-Fertilisation spielt heute auch eine wichtige Rolle im Artenschutz. „Wir könne diese Technik jetzt nutzen, um bedrohte Arten zu erhalten“, sagt Travis. Denn über konservierte Eizellen oder Spermien könnten bedrohte, genetische verarmte Populationen von Wölfen, Schakalen und anderen Hundeverwandten besser vermehrt werden.

Die In-vitro-Fertilisation ermöglicht zudem die Präimplantations-Diagnostik und vielleicht eines Tages die Gentherapie bei Hunden, so die Forscher. Auf diese Weise könnten Erbkrankheiten oder Fehlbildungen, die beispielsweise durch Inzucht entstanden sind, rechtzeitig erkannt und die betroffenen Embryonen gar nicht erst eingepflanzt werden. „Durch die Kombination von IVF und Gentechnik könnte wir so genetische Krankheiten verhindern, bevor sie beginnen“, meint Travis. (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.0143930

(Cornell University, 10.12.2015 – NPO)

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