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Materialforschung

„Linkshändig“ für perfekte Linsen

Meta-Materialien mit negativem Brechungsindex in greifbarer Nähe

Goldringe mit Schlitz erzeugen Schwingkreise © FZ Karlsruhe

Physiker haben erstmalig künstliche Nanostrukturen entwickelt, die einen wichtigen Schritt zu so genannten Meta-Materialien mit negativem Brechungsindex darstellen. Diese könnten zukünftig „perfekte Linsen“ für das nahe Infrarot und den sichtbaren Spektralbereich möglich machen. Ihre Ergebnisse beschreiben die wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift „Science“.

Ob Brille, Fotoobjektiv oder Mikroskop – sie alle enthalten Linsen, die dem so genannten Snelliusschen Brechungsgesetz gehorchen. Danach wird ein Lichtstrahl beim Übergang zwischen zwei verschiedenen Materialien, zum Beispiel Luft und Glas, abgelenkt. Wie stark der Lichtstrahl gebrochen wird, hängt vom Brechungsindex der Substanzen ab. Alle natürlichen Materialien sind „rechtshändig“, das heißt, ihr Brechungsindex ist positiv.

Obwohl bereits 1968 theoretisch vorhergesagt, konnten Wissenschaftler künstliche „linkshändige“ Materialien erst 2001 herstellen. Aufgrund ihres negativen Brechungsindex lenken diese Meta-Materialien elektromagnetische Wellen gleichsam in die „falsche“ Richtung ab. Dieser Effekt beschränkte sich bisher allerdings auf Mikrowellen mit Wellenlängen von mehreren Zentimetern. Mit ihren Forschungsergebnissen sind der Karlsruher Physiker Stefan Linden vom Institut für Nanotechnologie des Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe (TH) zusammen mit Wissenschaftlern aus den USA und Griechenland jetzt „linkshändigen“ Meta-Materialien für kurzwelliges Infrarot- und sichtbares Licht mit Wellenlängen von etwa einem Mikrometer und darunter ein großes Stück näher gekommen.

Goldgitter bringt Wellen zum Schwingen

Die Forscher konstruierten durch Elektronenstrahl-Lithografie regelmäßige Gitter aus Tausenden von winzigen Gold-Ringen mit einem feinen Schlitz. Diese nanoskaligen Strukturen stellen hochfrequente Schwingkreise dar. Wie in einem Radio regen elektromagnetische Wellen darin einen oszillierenden Ringstrom an. Einem Elektromagneten vergleichbar, erzeugt dieser Ringstrom ein Magnetfeld, das eine magnetische Resonanz zeigt – es schwingt mit derselben Frequenz wie das eingestrahlte Lichtfeld. Die Forscher konnten diesen Effekt bei einer Frequenz von 100 Tera-Hertz nachweisen, was einer Wellenlänge von drei Mikrometern entspricht. „In diesem Bereich zeigt unser System eine negative magnetische Permeabilität, die entscheidende Voraussetzung für linkshändige Meta-Materialien“, erläutert Linden. Er sei optimistisch, dass auf Basis dieser Ergebnisse auch Strukturen für noch kleinere Wellenlängen möglich seien.

Damit wären „linkshändige“ Materialien nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich interessant. In „perfekten Linsen“ könnten sie präzisere lithografische Verfahren beispielsweise in der Halbleiterindustrie ermöglichen oder als Bauteile in der Telekommunikation Verwendung finden. Für das Wissenschaftsmagazin Science waren diese zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten mit ein Grund, bereits im Dezember 2003 „linkshändige“ Materialien – die zu dem Zeitpunkt nur für Mikrowellen existierten – zu einem der zehn wichtigsten wissenschaftlichen Durchbrüche des Jahres zu küren.

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(Forschungszentrum Karlsruhe, 24.11.2004 – NPO)

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