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Energie

Cracken: Wasserstoff ohne Treibhausgase

Reaktor spaltet Methan direkt in Wasserstoff und elementaren Kohlenstoff

Brennstoff Wasserstoff: Das Gas setzt beim Verbrennen kein CO2 frei, doch seine Produktion ist nicht einfach. © DOE/ NREL

Wasserstoff aus Methan: Forscher haben einen Reaktor entwickelt, der Methan direkt in Wasserstoff und pulvrigen, elementaren Kohlenstoff aufspaltet. Die Umwandlungsrate liegt dabei immerhin bei 78 Prozent. Der große Vorteil: Es entsteht kein klimaschädliches Kohlendioxid wie bei herkömmlichen Verfahren. Nach Ansicht der Wissenschaftler würde sich dieses Cracken daher gut als Brückentechnologie im Zuge des Klimaschutzes eignen.

Erdgas ist neben Kohle einer der am häufigsten für die Stromerzeugung eingesetzten fossilen Brennstoffe. Zwar ist die Verbrennung des Methans etwas effizienter als von Kohle, es wird jedoch ebenfalls das Treibhausgas Kohlendioxid frei. Doch es gibt eine andere Möglichkeit, aus Erdgas Energie zu erzeugen: das sogenannte Cracken.

Wasserstoff und Kohlenstoff aus Methan

Bei diesem Prozess wird das Methan (CH4) nicht direkt verbrannt, sondern in seine molekularen Komponenten Wasserstoff (H2) und Kohlenstoff (C) aufgetrennt. Diese Reaktion erfolgt bei Temperaturen deutlich über 750 Grad Celsius, schädliche Emissionen entstehen nicht. Der große Vorteil: Der Wasserstoff kann direkt als Brennstoff genutzt werden, der pulvrige schwarze Kohlenstoff ist als industrieller Rohstoff nutzbar, beispielsweise bei der Produktion von Stahl, Kohlenstofffasern und anderen kohlenstoffbasierten Strukturen und Materialien.

Neu ist das Cracken von Methan nicht: In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Forscher schon mehrfach Versuche durchgeführt, die die technische Machbarkeit unter Beweis stellten. Allerdings kam es immer wieder zu Verstopfungen der Anlagen, die Umwandlungsrate blieb entsprechend gering. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam ist es nun gelungen, hier einen Schritt weiter zu kommen.

Neben Wasserstoff entsteht beim Cracken von Methan elementares Kohlenstoffpulver. © Geissler,Stoppel/ KIT

Umwandlungsrate bis 78 Prozent

Die Forscher entwickelten dafür einen speziellen Reaktor, in dem kleine Methanbläschen von unten in eine mit geschmolzenem Zinn gefüllte Säule geleitet werden. Während ihres Aufsteigens im flüssigen Metall findet die Cracking-Reaktion statt. Der Kohlenstoff wird an der Bläschenoberfläche abgeschieden und beim Zerfallen der Bläschen am oberen Ende des Reaktors als Pulver abgesetzt. Verstopfungen treten dadurch nicht auf, weil das entstehende Kohlenstoffpulver leicht abgetrennt werden kann. Der Reaktor ist zudem sehr korrosionsbeständig.

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„Während der zuletzt durchgeführten Versuche lief unser Reaktor ohne Unterbrechung über einen Zeitraum von zwei Wochen“, berichtet Thomas Wetzel vom KIT. „Er erzeugte Wasserstoff mit einer Umwandlungsrate von bis zu 78 Prozent bei Temperaturen von 1.200 Grad Celsius.“ Der Reaktor verfügt damit über die technischen Voraussetzungen, die für den späteren Betrieb eines industriellen Reaktors erforderlich wären.

„Eine mögliche Brückentechnologie“

Aber wie klimafreundlich und wirtschaftlich wäre das Cracken? Die Forscher verglichen dafür das Cracken im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse mit den bisher gängigen Verfahren zur Wasserstoffproduktion: der Wasserelektrolyse mit erneuerbarem Strom und der Dampf-Methan-Reformierung (SMR). Bei dieser wird heißer Wasserdampf mit Erdgas vermischt, es entstehen Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid, letzteres wird zu CO2 umgesetzt.

Der Vergleich ergab: Pro Einheit erzeugten Wasserstoffs ist das Cracken um 50 Prozent sauberer als die Dampf-Reformierung und genauso klimafreundlich wie die Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien. Erste Kostenschätzungen zeigen, dass bei den gegenwärtigen Erdgaspreisen in Deutschland pro Kilogramm Wasserstoff Kosten in Höhe von 1,9 – 3,3 Euro entstehen würden. Die Forscher betonen jedoch, dass solche Schätzungen noch relativ ungenau sind, weil das Verfahren noch nicht ausgereift ist.

Dennoch: „Unsere Versuchsergebnisse und alle ökologischen und wirtschaftlichen Analysen zeigen, dass das Cracken von Methan eine mögliche Option für den Umbau unseres Energiesystems ist“, sagt Carlo Rubbia. „Das Verfahren könnte die Rolle einer Brückentechnologie übernehmen. Mit ihr ließe sich das Energiepotenzial von Erdgas nutzen. Gleichzeitig würde das Klima geschützt und die Einbindung eines sauberen Energieträgers wie Wasserstoff in unser Energiesystem erleichtert.“

(Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 20.11.2015 – NPO)

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