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Technik

Online-Games: Was der Nutzername verrät

Name und Spielverhalten geben Rückschluss auf Persönlichkeit

Ausschnitt eines SCreenshots aus League of Legends © HalleyRoséM / CC-by-sa 4.0

Von wegen anonym: Unser Nutzername bei einem Onlinespiel und unser Spielverhalten verraten mehr über uns, als wir vielleicht denken. Darauf deutet die Auswertung von 500.000 anonymisierten Spielerdaten eines Online-Rollenspiels hin. Aus ihnen lässt sich rückschließen, wie alt jemand ist, aber auch, ob er im echten Leben eine eher soziale oder antisoziale Persönlichkeit besitzt.

Wenn wir uns im Internet bewegen, setzen wir darauf, dass sensible Daten anonym bleiben. Das allerdings entpuppt sich mehr und mehr als Wunschdenken. So kennt uns das soziale Netzwerk nach nur wenigen „Likes“ besser als selbst unsere Freunde und selbst unsere anonymisierten Kreditkarten-Daten erlauben tiefgreifende Rückschlüsse über uns und unsere Lebensweise.

„League of Legends“ als Beispiel

Wie viel wir beim Spielen eines Onlinespiels über uns verraten, haben nun Athanasios Kokkinakis und seine Kollegen von der University of York untersucht. Sie werteten dafür 500.000 anonymisierte Nutzerdaten des Spiels League of Legends aus, einem Multiplayer-Game, das weltweit von 70 Millionen Menschen gespielt wird. Die Nutzer kämpfen darin in kleinen Gruppen gegeneinander und gegen Computerfiguren und sprechen sich dabei über eine integrierte Chat-Funktion ab. Am Ende eines Spiels können sie zudem ihre Teamkollegen bewerten.

Die analysierten Daten enthielten nur die Nutzernamen und Informationen über das Verhalten der zugeordneten Figur im Spiel und über die gemachten Bewertungen. Kokkinakis und seine Kollegen versuchten daraus, Hinweise auf Alter und Persönlichkeit der Spieler zu entnehmen. „Videospiele liefern eine Menge an nützlichen Informationen über kognitive, psychologische und Entwicklungsprozesse bei der Nutzergemeinschaft“, erklärt Seniorautor Alex Wade.

Der Nutzername ist – oft – Programm

Die ersten Hinweise erhielten die Forscher über die Nutzernamen der Spieler: Schon die Entscheidung darüber, ob man einen neutralen Ausdruck wählt oder einen, der ein Schimpfwort sexuelle Anspielungen oder andere eher antisoziale Ausdrücke enthält, kann erste Rückschlüsse auf die Persönlichkeit erlauben:

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„Wir haben festgestellt, dass Menschen, die einen antisozialen Nutzernamen wählen, dazu neigen, auch im Spiel eher antisozial zu agieren“, sagt Wade. Spieler mit solchen Namen geben zudem rund ein Viertel weniger positive Bewertungen an Mitspieler und erhalten selbst auch weniger davon. Umgekehrt korreliert ein eher positiv geprägter oder neutraler Nutzername häufig mit einem sozialen Verhalten während des Spiels.

„Natürlich ist es möglich, dass die Spieler solche Namen nur wählen, um die Persönlichkeit ihres Alter Ego im Spiel zu reflektieren und weniger ihre Eigene“, räumen die Forscher ein. „Aber die extreme Natur einiger der obszöneren Nutzernamen macht es eher unwahrscheinlich, dass sie von ansonsten prosozialen Menschen als Eskapismus gewählt wurden.“

Je jünger, desto unsozialer

Ein weiterer Hinweis auf die Nutzer liefern die Zahlen, die Teil vieler Nutzernamen sind: Wie die Forscher feststellten, verraten diese Zahlen bei einem Großteil der Spieler deren Geburtsjahr – der Einfachheit halber verwenden sie diese, wenn beispielsweise der Name ohne Zahlen schon vergeben ist. „Ein Vergleich mit den Registrierungsdaten bestätigte eine hohe Korrelation zwischen dem dort angegebenen Alter und den in den Nutzernamen enthaltenen Zahlen“, berichten die Forscher.

Daraus wiederum konnten Kokkinakis und seine Kollegen einen Zusammenhang zum Spielverhalten ableiten: Je jünger ein Spieler war, desto eher verhielt er sich im Spiel antisozial. „Spieler zwischen 22 und 26 Jahren gaben signifikant seltener negative Bewertungen oder erhielten solche als Spieler zwischen elf und 15 Jahren“, so die Wissenschaftler.

„Nur die Spitze des Eisbergs“

Noch stehen die Wissenschaftler mit ihrer Forschung erst am Anfang. Doch sie sind sich sicher, dass die Nutzerprofiel der Online-Games ebenso verräterisch sein können wie auch schon andere Online-Daten. „Wir denken, dass dies erst die Spitze des Eisbergs ist“, sagt Kokkinakis. „Diese massiven Datensätze liefern ein einzigartiges Werkzeug, um die menschliche Psychologie weltweit zu erforschen.“ Sein Kollege Wade ergänzt: „Diese Daten sind ein Fenster zur Persönlichkeit der Spieler.“ (Computers in Human Behavior, 2015; doi: 10.1016/j.chb.2015.09.034)

(University of York, 18.11.2015 – NPO)

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