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Klima

Mehr Methan aus schmelzendem Meereis?

Arktischer Ozean wird eher zur Methanquelle als zur Methansenke

Forschungsarbeiten auf dem Meereis in der Arktis: Das Eis spielt eine große Rolle für den Methankreislauf. © AWI / M. Nicolaus

Unbekannte Wechselwirkungen: Schmilzt die Eisdecke des Arktischen Ozeans, kann das Treibhausgas Methan gleich auf mehreren Wegen in die Atmosphäre gelangen, wie Meeresforscher nun herausgefunden haben. Das Treibhausgas wird nicht nur aus dem Meereis frei, auch der Gasaustausch mit methanreichem Wasser darunter fällt leichter. Das Meereis spielt damit eine größere Rolle für die Methan-Konzentration der Atmosphäre als gedacht, berichten die Wissenschaftler im Magazin „Scientific Reports“.

Noch kennen wir den Arktischen Ozean mit einer dicht geschlossenen Eisdecke. Doch das arktische Meereis schrumpft seit Jahren jeden Sommer stärker. Da das Eis einen natürlichen Deckel über dem zentralen Arktischen Ozean bildet, begrenzt es bisher noch den Gasaustausch zwischen dem Wasser darunter und der Atmosphäre darüber.

Stoffkreisläufe zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre

Zu den eingeschlossenen Gasen gehört auch das Treibhausgas Methan. Es spielt eine große Rolle in bakteriellen Ökosystemen am Meeresgrund, tritt aber auch mehr und mehr aus auftauenden Meeresböden und schmelzenden Methanhydraten aus.

Die Kreisläufe dieses Treibhausgases zu entschlüsseln ist wichtig für künftige Klimamodelle, denn seine Klimawirkung ist rund 25 Mal höher als die von Kohlendioxid. „Wir untersuchen, wie sich die veränderten Bedingungen auf die Stoffkreisläufe zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre auswirken“, erklärt die Biogeochemikerin Ellen Damm vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Dazu bestimmten die Forscher die Methanmengen im Meereis selbst und im Wasser direkt darunter, sowie in vom Eis unbeeinflussten Ozeanwasser.

Methanreiche Salzlake

„Wir konnten nachweisen, dass das Oberflächenwasser in der zentralen Arktis höhere Methankonzentrationen enthält als die Atmosphäre“, so Erstautorin Damm. Gefriert Meerwasser zu Eis, so steigt im übrigen Wasser der Salzgehalt. Meereis enthält darum auch Einschlüsse von hochkonzentrierter Salzlake. In dieser Lake fanden die Wissenschaftler sogar eine tausendfach höhere Methankonzentration im Vergleich zur Atmosphäre.

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Vom Forschungseisbrecher "Polarstern" aus untersuchten die Forscher den Methangehalt im Meeereis und im Wasser des arktischen Ozeans. © AWI / S. Hendricks

Die Meeresforscher fanden so bislang unerkannte Wechselwirkungen zwischen dem Schmelzen und der Neubildung von Eis, der Atmosphäre und dem Meerwasser. Wenn das Meereis taut, lösen sich die Kanälchen teilweise auf und das Methan mitsamt der Salzlake gelangt in das Ozeanwasser. Weil das Schmelzwasser Süßwasser ist und weniger dicht als die Salzlake, bilden sich an der Wasseroberfläche stabile Schichten. So bleibt das Methan aus der Lake im Sommer in der oberflächennahen Wasserschicht.

Stabile Wasserschichten beeinflussen Methan-Austausch

Wenn dann die Herbststürme einsetzen und die Temperaturen sinken, vermischen sich die verschiedenen Wasserschichten, und das Treibhausgas kann dadurch in die Atmosphäre gelangen. Zu dieser Jahreszeit ist die Meereisdecke zudem brüchig und der Deckel auf dem Ozean ist zu großen Teilen abgeschmolzen, dadurch fällt der Gasaustausch mit der Luft noch leichter. Auch im Winter hält die Vermischung der Wasserschichten an und Methan kann durch Risse zwischen Eisschollen weiterhin entweichen.

Die stabilen Wasserschichten verhindern weiterhin, dass das Methan in größere Tiefen des Arktischen Ozeans eingemischt wird. An deutlich geringeren Methankonzentrationen in den tieferen Ozeanschichten, verglichen mit der Atmosphäre, ist dies erkennbar.

Unklare Herkunft des Methans im Meereis

Neben dem stärkeren Austreten von Methan in die Atmosphäre an der Oberfläche sinkt daher aufgrund der Schichtung auch die Funktion des tieferen Arktischen Ozeans als mögliche Methansenke. „Das bedeutet, dass der Arktische Ozean eine potentielle Quelle für atmosphärisches Methan ist“, sagt Damm. „Damit unterscheidet er sich grundlegend vom Ozean in niederen Breiten, der – bis auf einzelne punktuelle Quellen – als Methansenke gilt.“

„Die Rolle von Meereis für Gasaustausch und Gasflüsse ist also weit vielfältiger als bisher vermutet und die Prozesse im polaren Ozean unterscheiden sich stark von denen in den niederen Breiten“, bewertet Koautorin Ursula Schauer die Ergebnisse der Studie. „Das muss in zukünftigen Klimamodellierungen berücksichtigt werden.“ Außerdem werfe die Studie die Frage auf, woher das Methan ursprünglich stammt. Denkbar sei die Methanproduktion im Meereis während seiner Drift durch die Arktis oder der Transport von im Meereis eingeschlossenen Methan aus anderen Regionen. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep16179)

(Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, 11.11.2015 – AKR)

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