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Medizin

Wie unsere Haut elektrische Felder spürt

Zusammenspiel aus Ionenkanal und Ladungsträgern ermöglicht elektrischen Richtungssinn

Elektrische Felder sind für Menschen normalerweise unsichtbar und nicht spürbar. © iStock.com / Meinzahn

Elektro-Sinn in unserer Haut: Wissenschaftler haben einen Mechanismus entdeckt, mit dem Hautzellen sich nach einem elektrischen Feld ausrichten können. Der molekulare Sensor besteht aus zwei Teilen und lässt die Zellen je nach Richtung eines elektrischen Feldes wandern. Bisher gab es lediglich Spekulationen, wie die Hautzellen dies bei der Wundheilung bewerkstelligen. Auch das neu entdeckte Konzept löst noch nicht das vollständige Rätsel, schreiben die Forscher im Journal „Nature Communications.“

Elektrische Felder sind für uns Menschen normalerweise nicht sichtbar oder spürbar. Viele Tiere dagegen orientieren sich danach: Hummeln finden so den Weg zu lohnenswerten Blüten und Haie und Rochen spüren elektrische Felder um ihre Beute.

Hautzellen folgen elektrischem Feld

Sofern ein elektrisches Feld nicht stark genug ist, um unsere Haare aufzustellen, benötigen wir Menschen technische Hilfsmittel, um elektrische Felder zu erkennen. Doch das gilt nicht für einige der Zellen in unserem Körper: Hautzellen richten sich beispielsweise bei der Wundheilung nach einem schwachen elektrischen Feld, wenn sie zur verletzten Stelle wandern. Rätselhaft ist allerdings, wie sie dieses Feld spüren.

„Wir glauben, dass es verschiedene Arten von Sensormechanismen gibt“, sagt Min Zhao von der University of California in Davis, „aber keiner davon ist bekannt.“ Zhao und Kollegen haben darum auf molekularer Ebene nach solchen Elektro-Sensoren gesucht. Sie arbeiteten dabei mit Hautzellen von Menschen und Fischen sowie mit der Boden-Amöbe Dictyostelium. In der Amöbe konnten sie bereits einige Gene und zugehörige Proteine identifizieren, die den Einzeller in einem elektrischen Feld eine bestimmte Richtung wandern lassen.

Auch die Amöbe Dictyostelium richtet sich nach elektrischen Feldern aus, ähnlich wie die wandernden Zellen der Haut. © Wikimedia Commons / Bruno in Columbus / gemeinfrei

Positive Ladungsträger regulieren Kaliumkanal

In einer menschlichen Zelllinie haben die Forscher nun gleich zwei wichtige Bestandteile eines möglichen Elektro-Sinns identifiziert: Sowohl ein Protein namens Kir4.2 als auch sogenannte Polyamine im Inneren der Zelle sind für ein Signal nötig. Kir4.2 ist ein sogenannter Kaliumkanal, der eine für Kaliumionen durchlässige Pore durch die Zellmembran bildet. Solche Kanäle sind oft Teil der Signalübertragung ins Innere einer Zelle.

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Polyamine sind Moleküle, die im Zellinneren eine positive elektrische Ladung tragen. Befindet sich die Zelle in einem elektrischen Feld, sammeln sich die Polyamine daher stärker an der Seite der Zelle, die zur negativen Elektrode zeigt. So erhält die Zelle einen Sinn für ihre Ausrichtung im elektrischen Feld. Die Forscher wiesen nach, dass die Polyamine an den Kaliumkanal Kir4.2 binden und so regulieren, ob er geschlossen oder geöffnet ist.

Kein Elektrosinn ohne Kanal oder Polyamine

Den Beweis dafür brachten die Forscher, indem sie das Gen für Kir4.2 deaktivierten. Fehlte den Zellen dieser Kaliumkanal, folgten sie dem elektrischen Feld kaum noch. Derselbe Effekt zeigte sich, als die Wissenschaftler die Polyamine aus dem Zellinneren entfernten. Dies machte elektrische Felder für die Zellen praktisch unsichtbar, und sie reagierten überhaupt nicht mehr darauf.

Dieser zweiteilige Mechanismus für einen elektrischen Sinn ist ein völlig neues Konzept, betonen die Wissenschaftler. Allerdings fehlt noch ein weiterer wichtiger Teil des Puzzles: Die Forscher wissen noch nicht, wie die Zelle die Aktivität des Kalium-Kanals in eine gerichtete Bewegung übersetzt. (Nature Communications, 2015; doi: 10.1038/ncomms9532)

(University of California – Davis, 14.10.2015 – AKR)

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