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Botanik

Pflanzen: Symbiose ermöglichte den Landgang

Schon frühe Algen besaßen Voraussetzungen für den Übergang zum Landleben

Grünalgen wie Closterium strigosum haben bereits das genetische Werkzeug zur Symbiose mit Pilzen - die wichtigste Voraussetzung für das Überleben der Pflanzen an Land. © Michael Melkonian

Wie schafften die ersten Pflanzen den Schritt an Land? Wie sich jetzt zeigt, brachten sie die wichtigsten genetischen Voraussetzungen bereits mit: Schon frühe Algen konnten mit Pilzen zusammenarbeiten. Diese Symbiose ermöglichte es ihnen, an Land zu überleben und schließlich die Landmassen der Erde zu besiedeln. Diese Erkenntnis ist nicht nur für die Evolution der Pflanzen bedeutend, schreiben Forscher in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ – sie könnte auch die Produktion von Biosprit erleichtern.

Der Übergang vom Wasser auf das Festland war ein schwieriger Schritt für die Vorfahren der ersten Landpflanzen: Während Nährstoffe im Wasser frei verfügbar umherschwimmen, sind sie an Land im Boden verschlossen. Heutige Pflanzen arbeiten eng mit Bakterien und Pilzen zusammen, um dieses Problem zu lösen: Die Mikroorganismen lösen Mineralien aus dem Boden, so dass die Pflanzen diese aufnehmen können. Im Austausch erhalten sie von der Pflanze durch Photosynthese produzierten Zucker.

Vor 450 Millionen Jahren an Land geschwappt

Fossilien legen nahe, dass auch die ersten Grünalgen an Land vor rund 450 Millionen Jahren ähnlich vorgingen: Bereits in frühesten Pflanzenfossilien finden sich auch Sporen von sogenannter arbuskulärer Mykorrhiza. Solche Pilze bilden auch heute noch wichtige Symbiosen mit Pflanzen. Wie aber entstand dieses komplexe Zusammenspiel zwischen Pilzen und Pflanzen, und vor allem: Wann entstand es?

„Irgendwann vor 450 Millionen Jahren schwappten Algen aus dem Wasser der Erde auf kahles Land“, beschreibt Pierre-Marc Delaux vom John Innes Centre im britischen Norwich. „Irgendwie haben sie überlebt und Wurzeln geschlagen.“ Delaux und Kollegen wollten herausfinden, wie genau die Algen dies schafften. Dazu haben sie das genetische Material von einigen der ältesten bekannten Landpflanzen mit dem von Grünalgen verglichen.

Erde ohne Symbiose wäre völlig anders

Dabei fanden sie Überraschendes: Die Grünalgen verfügten offenbar schon vor dem Schritt an Land über die wichtigen Gene, die sie für die erfolgreiche Kooperation mit den Pilzen brauchten. „Wir haben erwartet, dass diese Mechanismen sich mit den Landpflanzen entwickelten“, erklärt Ane. „Es war überraschend, die Mechanismen für die Interaktion mit symbiotischen Pilzen auch in Algen zu finden.“

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Dies zeigt, dass die Vorfahren der Pflanzen bereits mit den Pilzen zusammenarbeiten konnten, bevor sie das Land eroberten. Die wichtigste Voraussetzung für diesen Erfolg brachten sie also bereits mit. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die nötigen Gene bereits in einem gemeinsamen Vorfahren von Landpflanzen und Grünalgen entstanden. „Ohne die Anpassung im Voraus in Form dieser Fähigkeit der Algen wäre die Erde heute ein völlig anderer Ort“, meint Delaux.

Pilz-Symbiose auch für Biosprit-Algen?

Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Entstehung der überlebenswichtigen Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen. Interaktionen zwischen Algen und anderen Mikroorganismen hatten Wissenschaftler zwar schon zuvor entdeckt. Bislang schienen die Pilze jedoch eher wie Parasiten oder Krankheitserreger aufzutreten. Dass die Vorfahren der Pflanzen einen großen Nutzen aus dieser Beziehung gewinnen konnten, löst das Rätsel, wie sie sich an Land durchsetzen konnten.

Auch über unser Verständnis von der Evolution der Pflanzen hinaus könnte die Entdeckung dieser kritischen Gene in Grünalgen wichtig sein: Grünalgen gelten als vielversprechende Kandidaten für die Produktion von Biosprit. Um diese Aufgabe effizient zu bewältigen, brauchen sie bislang jedoch noch große Mengen zusätzlichen Düngers. Symbiotische Pilze jedoch sind in der Landwirtschaft schon länger als Alternative oder zumindest Ergänzung zum Mineraldünger im Gespräch. Offenbar könnten auch die Grünalgen hiervon profitieren. (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.15154.26112)

(University of Wisconsin-Madison / John Innes Centre, 06.10.2015 – AKR)

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