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Meeresforschung

Ozean „atmet“ Sauerstoff

Neue Wege für die Erforschung des Klimawandels?

Kieler Meereswissenschaftler haben herausgefunden, dass die Tiefsee vor Labrador im Winter große Mengen an atmosphärischem Sauerstoff „einatmet“. Die ozeanischen Atemzüge deuten nach Angaben der Forscher auf 02 als einen der Schlüsselparameter für die zukünftige Meeres- und Klimaforschung hin.

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Professor Arne Körtzinger und seine Kollegen haben im September 2003 die Sauerstoff-Versorgung der Labradorsee vor der Nordost-Küste Kanadas untersucht. Dazu statteten sie erstmals Messroboter mit Sauerstoffsensoren aus. In ihrer Studie entdeckten sie, dass der Ozean während des Winters in der beobachteten Region enorme Mengen von Sauerstoff aufnimmt. Wie eine Lunge scheint die Labradorsee große Teile der atlantischen Tiefsee mit Sauerstoff zu versorgen. Die Messungen zeigen außerdem, dass der eingeatmete Sauerstoff durch die Meeresströmungen schnell im ganzen Ozean verteilt wird. Für die Klimaforschung könnte der Atem des Meeres folgenschwere Auswirkungen haben, denn der ozeanische Sauerstoffgehalt hängt eng mit dem Gehalt an Sauerstoff in der Atmosphäre zusammen.

Weniger O2 in der Atmosphäre

Die Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre hat in den letzten 100 Jahren stetig abgenommen. Der Grund dafür ist der gleiche wie der für den kritischen Anstieg des Kohlendioxids: die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle. Doch während der Treibhauseffekt als Ursache für die globale Erderwärmung immer wieder neue besorgniserregende Schlagzeilen bringt, droht uns bezüglich des Sauerstoffs noch lange keine Erstickungsgefahr. Die Abnahme des atmosphärischen Sauerstoffs könnte sogar nützlich sein. Denn sie lässt sich relativ einfach messen und vor allem lässt sich mit ihrer Hilfe gut abschätzen, wie viel Kohlendioxid in den Ozeanen gelöst und wie viel von Pflanzen und Bäumen an Land aufgenommen wird. Diese Schätzung funktioniert allerdings nur solange der Sauerstoffgehalt der Ozeane – wie bisher allgemein angenommen – konstant ist.

Aktuelle Modellrechnungen prophezeien jedoch eine Abnahme der Sauerstoffkonzentration durch Veränderungen der Meeresströmungen in der Tiefsee. Der Klimawandel könnte solche Veränderungen bewirken und damit die Prozesse verlangsamen, durch die der Sauerstoff in die Tiefen der Ozeane befördert wird. Bestätigen könnte das nur eine kontinuierliche Beobachtung des Sauerstoffgehalts, doch die war bisher nicht möglich.

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In Zukunft tausende Tiefendrifter?

Die Ozeane sind riesig und der traditionelle Weg, Sauerstoffkonzentrationen zu messen, erforderte teure Forschungsexpeditionen. Die Methode der Kieler Meeresforscher zeigt eine günstigere und einfachere Alternative und würde gut in ein bereits laufendes internationales Forschungsprojekt passen. Das Projekt setzt weltweit tausende Tiefendrifter ein, die den Temperaturanstieg der Weltmeere beobachten sollen. Mit entsprechenden Sensoren ausgerüstet, könnten sie auch die Sauerstoffkonzentration messen.

Die von Professor Körtzinger und seinen Kollegen beobachteten ozeanischen Atemzüge deuten auf Sauerstoff als einen der Schlüsselparameter für die zukünftige Meeres- und Klimaforschung hin. Doch bisher sind erst circa zwölf Tiefendrifter mit der neuen Technologie im Einsatz, weitere Tests und vor allem flächendeckende Beobachtungen sind notwendig. Die Ergebnisse sollen die internationale Fachwelt ermutigen, die neuen Messgeräte möglichst zahlreich zum Einsatz zu bringen.

Die Wissenschaftler berichten über ihre Studie in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science.

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel, 19.11.2004 – DLO)

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