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Biologie

Was unser Hausstaub über uns verrät

Forscher erkunden erstmals systematisch die Bakterien und Pilze im Hausstaub

Im Hausstaub leben Myriaden Bakterien und Pilze © DCWG/ freeimages

Verräterische Mitbewohner: Wohnt hier eine Frau oder ein Mann? Haben Sie einen Hund oder eine Katze? Und in welcher Gegend liegt das Haus? Für die Antwort auf diese Fragen reicht ein Blick in unseren Hausstaub. Denn die in ihm enthaltene Gemeinschaft von Bakterien und Pilzen wird unter anderem von diesen Faktoren beeinflusst, wie US-Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“ berichten.

Wir leben nicht allein in unseren Häusern und Wohnungen, sondern teilen sie mit Myriaden von Bakterien und Pilzen. „Wir verbringen heute den Großteil unserer Zeit drinnen – und damit auch in enger Gemeinschaft mit den Mikroben, die unser Heim bevölkern“, erklären Albert Barberán von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen. Einige dieser für uns unsichtbaren Mitbewohner machen sich unangenehm bemerkbar, weil sie Allergien auslösen oder Krankheiten verursachen. Aber die meisten sind unschädlich oder sogar nützlich.

Hilfe durch Citizien Science Projekt

Aber wie unterscheidet sich die typische Hausstaubflora von einer Wohnung zur anderen? Und welche Rolle spielen dafür die geografische Lage und die Außenwelt, aber auch die Bewohner selbst? Weil diese Fragen bisher nur in Teilen geklärt, waren, haben Barberán und seine Kollegen in den USA ein Citizen Science Projekt zu diesem Thema initiiert.

Sie baten alle Teilnehmer, aus ihrem Wohnumfeld zwei Proben zu nehmen und diese einzuschicken – einmal vom oberen Türrahmen ihrer Wohnzimmertür und einmal vom äußeren Rahmen ihrer Haustür. Die Proben gut 1.100 Häusern in verschiedenen Gegenden der USA analysierten die Forscher mit Hilfe von Hochdurchsatz-Sequenzierern und bestimmten anhand der gefundenen DNA-Sequenzen, welche Bakterien- und Pilzarten vorhanden waren.

Corynebakaterien sind auf unserer Haut häufig - vor allem bei Männern. © CDC

Geprägt durch uns

„Alle Staubproben beherbergten verschiedenste mikrobielle Gemeinschaften mit hunderten von einzigartigen Bakterien und Pilzarten“, berichten die Forscher. Allerdings gab es deutliche Unterschiede zwischen drinnen und draußen. So war die Artenvielfalt drinnen um die Hälfte höher – und dort fanden sich erwartungsgemäß mehr Mikroben, die spezifisch für den Menschen und seine Umgebung sind.

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Unter den Bakterien im Hausstaub dominierten Arten, die auf unserer Haut vorkommen wie Staphylococcus oder Corynebacterium und typische Fäkalbakterien. „Das bestätigt, dass Haut und Kot die wichtigsten Quellen für Bakterien im Hausstaub unserer Innenräume sind“, sagen Barberán und seine Kollegen. Bei den Pilzen war typischer Haushaltsschimmel wie Aspergillus oder Fusarium häufig, die Forscher fanden aber auch Pilzarten, die auf Holz siedeln, Lebensmittel-Schimmelpilze sowie auf und in unserem Körper vorkommende Pilze wie Candida.

Mann oder Frau? Katze oder Hund?

Die Forscher konnten allein anhand der Staubproben erraten, ob in einem Haushalt mehr Frauen oder mehr Männer lebten. „Wir stellten fest, dass die Hautbakterien Corynebacterium und Dermabacter häufiger im Staub von Haushalten mit weniger Frauen vorkamen“, berichten sie. Denn Männer tragen mehr Corynebakterien auf der Haut und geben generell mehr Bakterien an ihre Umwelt ab, wie die Wissenschaftler erklären. In Frauenhaushalten waren dagegen Milchsäurebakterien häufiger – möglicherweise, weil diese in großer Zahl in der weiblichen Vagina vorkommen.

Bakterien aus dem Katzenmaul werden vor allem durch das Fellputzen verbreitet. © Jelle Boontje/ freeimages

Aber auch unsere tierischen Mitbewohner hinterlassen im Hausstaub ihre mikrobiellen Spuren: „Allein anhand der Bakterien im Innenraumstaub konnten wir mit 92-prozentiger Genauigkeit vorhersagen, ob es im Haushalt einen Hund gab“, sagen die Wissenschaftler. Bei Katzen lag ihre Trefferquote immerhin noch bei 83 Prozent. Sie identifizierten 54 Bakterienarten, die bei Hunden häufiger vorkamen und 24, die von Katzen stammten. Die meisten dieser Bakterien kommen normalerweise im Maul oder im Kot der Tiere vor.

Pilze verraten die Lage des Hauses

Bei den Pilzen im Hausstaub spiegelte sich dagegen eine andere Signatur wider. Ihre Artenverteilung hing weniger von den Bewohnern des Haushalts ab als vielmehr von dessen Lage: Wohnungen im Osten der USA hatten eine anders zusammengesetzte Pilzgemeinschaft im Hausstaub als solche im Westen, wie die Analysen ergaben. Und auch die klimatischen Bedingungen der Außenwelt wirkten sich auf die Hausstaub-Pilze aus.

Die Forscher fassen diese Zusammenhänge prägnant und pragmatisch so zusammen: „Wenn sie die Pilzarten im Hausstaub ihrer Wohnung ändern wollen, dann ist es am besten, sie ziehen in eine neue Gegend“, so Barberán und seine Kollegen. „Wollen sie dagegen die bakterielle Zusammensetzung des Staubs ändern, dann müssen sie ihre Mitbewohner austauschen.“ (Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2015; doi: 10.1098/rspb.2015.1139)

(Royal Society, 26.08.2015 – NPO)

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