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Physik

Mysteriöses „Sprite“-Phänomen eingefangen

ISS-Astronauten fotografieren rote Plasma-Entladungen oberhalb eines Gewitters

Rotes Sprite über einem Gewitter, im Vordergrund die Lichter der texanischen Großstadt Dallas. Aufgenommen wurde dieses Sprite am 10. August von Astronauten der ISS. © NASA/JSC

Rätselhafte Leuchterscheinungen: Astronauten der Internationalen Raumstation ISS haben eines der noch immer mysteriösen Phänomene unserer Atmosphäre eingefangen – Sprites. Diese rötlichen, Dutzende Kilometer großen Lichtbüschel flackern in rund 80 Kilometer Höhe auf, erscheinen aber nur über starken Gewittern. Warum sie nur manchmal entstehen und was in ihnen vorgeht, ist bis heute ungeklärt.

Sie sind ein ebenso seltenes wie schwer einzufangendes Phänomen: „Sprites“ oder Koboldblitze ereignen sich in 80 bis 100 Kilometern Höhe oberhalb von Gewitterwolken. Wenn es unten blitzt, finden oben, in der Mesosphäre, unter bestimmten Bedingungen ebenfalls starke Entladungen statt. Dann flackert für maximal 20 Millisekunden ein meist rötliches Leuchten auf. Doch warum sie entstehen und was ihre Form bestimmt, ist bisher rätselhaft.

Büschel von leuchtenden Fäden

Einer der Gründe: Weil die Sprites von unten aus gesehen meist von den dichten Gewitterwolken verdeckt sind, lassen sie sich nur aus dem Orbit oder vom Flugzeug aus beobachten. Den Astronauten der ISS gelangen diese Aufnahmen am 10. August 2015, als sich schwere Sommergewitter über Missouri und über El Salvador entluden und die auffallenden roten Koboldblitze erzeugten.

Typischerweise können Sprites Dutzende von Kilometer groß sein, viele von ihnen ähneln Büscheln von leuchtenden Fäden, die eng beisammen im freien Himmel zu hängen scheinen. Aufnahmen mit einer Highspeed-Kamera haben jedoch gezeigt, dass diese Fädenbüschel in Wirklichkeit aus unzähligen, nur wenige Zentimeter kleinen Kugeln bestehen. Sie rasen aus rund 80 Kilometern Höhe mit bis zu zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit nach unten, während sich nur wenige Millisekunden später ein weiteres Bündel Kugeln nach bewegt.

Ein Sprite über einer von Blitzen erhellten Gewitterwolke an der Küste von El Salvador. Astronauten der ISS fingen dieses Leuchtphänomen am 10. August 2015 ein. © NASA/JSC

Entladung nach oben

Ähnlich wie die normalen Blitze entstehen auch Sprites durch starke elektrische Entladungen aus der Gewitterwolke. Denn in ihr bildet sich ein elektrisches Feld mit positiven Ladungen am oberen und negativen am unteren Ende der Wolke. Zwischen diesen Polen, aber auch zum Erdboden – und möglicherweise auch zur Ionosphäre hin – baut sich eine bis zu mehreren Millionen Volt starke Spannung auf. Erreicht sie einen kritischen Wert, kommt es zum Blitz – einer heißen, extrem energiereichen Entladung.

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Warum sich dabei die Spannung manchmal auch nach oben entlädt und ein Sprite entsteht, ist bisher unklar. Weil die obere Atmosphäre sehr dünn ist, heizen sich diese Entladungen weniger stark auf als ein normaler Blitz. Stattdessen bildet sich ein kaltes Plasma – vergleichbar dem Prozess in einer Leuchtstoffröhre. Wie weit die Auswirkungen dieser Entladungen nach oben reichen, ob sie auch die Ionosphäre beeinflussen können und ob sie tatsächlich für bisher unerklärte Unfälle von Stratosphärenballons verantwortlich sind, ist jedoch offen.

Schwerewellen als Auslöser?

Vor kurzem allerdings haben US-Forscher eine mögliche Erklärung gefunden. Demnach könnten Schwerewellen in der oberen Atmosphäre eine wichtige Rolle spielen. Schwerewellen entstehen durch Störungen der atmosphärischen Zirkulation – wie genau, wird zurzeit unter anderem mit Hilfe von Lasermessungen erforscht.

Die periodischen Schwankungen von Luftdruck, Temperatur und Wind können sich aber von untern Luftschichten bis in die Mesosphäre ausbreiten. Dort verursachen die Wellen Turbulenzen im elektrischen Feld über der Gewitterwolke, durch die dann unter bestimmten Bedingungen ein Sprite gezündet werden kann – so jedenfalls die von einem Modell gestützte Theorie der Forscher. Ob das stimmt, versuchen Wissenschaftler unter anderem durch Messflugzeuge zu ermitteln.

(NASA Earth Oberservatory, 26.08.2015 – NPO)

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