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Geowissen

Rätsel der feurigen Mondfontänen gelöst?

Nachweis von Kohlenstoff in Gesteinsproben der Apollo-Mission wirft neue Fragen auf

Apollo 15 Astronaut Dave Scott auf dem Mond © NASA

Feuriges Paradox: Als Apollo-Astronauten Anfang der 1970er Jahre winzige Glaskügelchen auf dem Mond fanden, sorgte dies für Erstaunen. Denn dieses Gesteinsglas entsteht, wenn gasreiche Lava als Fontäne ausgeschleudert wird. Welches Gas die urzeitlichen Mondfontänen antrieb, haben Geologen nun durch Analyse der Apollo-Proben herausgefunden: Kohlenmonoxid. Das Seltsame daran: Der Mond dürfte kaum leichtflüchtige Elemente besitzen – woher sie kommen, bleibt weiter rätselhaft, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“.

Lange galt der Mond als Paradebeispiel für einen extrem gasarmen Himmelskörper. Denn wenn er wirklich durch die Kollision eines Protoplaneten mit der Erde entstand, wie es die gängige Theorie vorsieht, dann müssten diese Gase dabei ins All entwichen sein. Selbst in den glutflüssigen Magmaozean des jungen Mondes und später unter seiner Kruste dürfte es daher kaum leichtflüchtige Elemente und Verbindungen gegeben haben.

Lunare Feuerfontänen

Umso verblüffender waren Proben, die die Astronauten der Apollo-15 und -17 Missionen zur Erde zurückbrachten. Denn unter ihnen waren zahlreiche winzige Kügelchen aus Gesteinsglas, wie sie beispielsweise bei Ausbrüchen irdischer Vulkane auf Hawaii oder auf Island gebildet werden. Sie entstehen, wenn schmelzflüssiges Gestein als Lavafontäne hoch in die Luft geschleudert wird und dann die Lavatröpfchen beim Herunterfallen zu Glas erstarren.

Lavafontänen am Holuhraun auf Island © Peter Hartree/ CC-by-sa 2.0

Das Problem: Für solche Feuerfontänen benötigt man gasreiches Magma. Das aus ihm freiwerdende Gas sorgt im Vulkan für den nötigen Schub, um die Fontänen aufsteigen zu lassen. Aber woher sollen beim gasarmen Mond solche Gase kommen? „Seit vielen Jahren war daher die Frage, welches Gas diese feurigen Eruptionen auf dem Mond verursacht haben könnte“, erklärt Alberto Saal von der Brown University in Providence.

Wasser war es nicht – was dann?

Inzwischen allerdings mehren sich die Hinweise darauf, dass zumindest einige der leichtflüchtigen Elemente und Verbindungen die Urzeit-Kollision überstanden haben könnten, darunter auch ein Teil des lunaren Wassers. Doch wenn Wasserdampf die Fontänen erzeugt hätte, dann müsste dies typische mineralogische Signaturen im Gesteinsglas hinterlassen haben – das aber ist nicht das Fall.

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Auf der Suche nach einer anderen Ursache der Mondfontänen haben Saal und seine Kollegen nun gut 200 der winzigen Apollo-Glaskügelchen erneut analysiert. Besonderes Augenmerk richteten sie dabei auf Proben, in denen das schmelzflüssige Magma noch vor der Eruption in Olivinkristalle eingeschlossen wurde. „Dieser Einschluss bewahrt die Schmelze davor, weiteres Gas zu verlieren“, so die Forscher.

Schmelzeinschlüsse von urzeitlichem Mondmagma in Olivinkristallen © Saal Lab / Brow University

Kohlenstoff als Triebkraft?

Wie winzige Zeitkapseln gewähren die Einschlüsse einen Einblick in die chemische Zusammensetzung des damaligen Magmas. Um sie zu analysieren, nutzten die Forscher die sogenannte Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS). Sie erlaubt es, Elemente noch bis zu Konzentrationen von nur 0,1 parts per million (ppm) nachzuweisen.

Das Ergebnis: Die lunaren Glaskügelchen enthalten noch heute zwischen 0,25 und 0,75 ppm Kohlenstoff. Daraus schließen die Forscher, dass im ursprünglichen Magma sogar 44 bis 64 ppm Karbon gelöst waren. „Diese Menge war ausreichend, um Feuerfontänen-Ausbrüche auslösen zu können“, sagen die Forscher. Wie dies geschah, rekonstruierten sie in einem Modell. Demnach konnte sich der Kohlenstoff schon weit unter der Mondoberfläche mit Sauerstoff Kohlenmonoxid verbinden und dann ausgasen. „Das deutet darauf hin, dass der Kohlenstoff den Prozess antrieb – zumindest in seinen frühen Phasen“, so Saal.

Eine gemeinsame Quelle – aber welche?

Die Analysen enthüllten aber noch etwas: Der Kohlenstoffanteil im urzeitlichen Mondgestein ähnelt verblüffend dem irdischer Basaltlava entlang der mittelozeanischen Rücken. Damit ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass Gesteine des Mondes in Bezug auf ihre leichtflüchtigen Elemente erdähnlicher sind, als es nach der Kollisionstheorie eigentlich sein dürfte.

Nach Ansicht der Forscher sprechen die Belege dafür, dass die leichtflüchtigen Elemente von Erde und Mond aus einer gemeinsamen Quelle stammen. „Einige der leichtflüchtigen irdischen Elemente könnten die Kollision intakt überstanden haben und dann bei der Akkretion des Mondes in ihm aufgegangen sein“, sagt Saal. Alternativ sei aber auch möglich, dass diese Elemente auf beiden Himmelskörpern aus einer anderen gemeinsamen Quelle stammen – beispielsweise aus einem Bombardement mit Meteoriten. (Nature Geoscience, 2015, doi: 10.1038/ngeo2511)

(Brown University / nature, 25.08.2015 – NPO)

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