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Psychologie

Computer „leiden“ unter dem Menschen

Forscher untersuchen Aggression gegen Rechner

Eine Menge Menschen brüllen ihre Computer an, sie schimpfen und fluchen, einige schlagen und treten auch nach ihnen. Sie sind nicht in der Minderheit. Das zeigt eine Studie, die die Wissenschaftlerin Marleen Brinks an der FernUniversität in Hagen erstellt hat.

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Die Zeit drängt, der Bericht muss fertig werden. Um drei Uhr ist der Termin mit dem Kunden – da stürzt der Computer ab, ausgerechnet. Er muckt und zickt und tut dann gar nichts mehr. Das ist mindestens ärgerlich, und wie die Soziologin Marleen Brinks in ihrer Magisterarbeit an der FernUniversität in Hagen belegt, ist es häufig auch folgenreich: Eine Menge Menschen brüllen ihre Computer an, sie schimpfen und fluchen, einige schlagen und treten auch nach ihnen. Sie sind nicht in der Minderheit, wie die Auswertung von 340 Fragebögen belegt.

Brinks hat für ihre Abschlussarbeit Menschen befragt, die beruflich mindestens 30 Stunden jede Woche am Computer arbeiten. Sie hat herausgefunden, dass zwei Drittel der Befragten ihrem Computer gegenüber schon einmal laut geworden sind – und über 30 Prozent zumindest mal nach der Maus geschlagen haben. Immerhin noch 1,5 Prozent geben zu, gleich den ganzen Monitor vom Tisch gestoßen oder den PC absichtlich fallen gelassen zu haben.

„Technology Related Anger“

Früher arbeitete Brinks selbst in einer IT-Abteilung. Dort beobachtete sie regelmäßig, wie die Kollegen ihren PCs gut zuredeten, sie lobten und streichelten, aber auch mit ihnen schimpften – und zuschlugen, wenn diese den Dienst verweigerten. Sie überlegte: Entwickeln Menschen zu ihren Computern emotionale Beziehungen wie zu anderen Menschen? Die Idee mit der Befragung entstand. Denn die Forschungslage ist dürftig. Insgesamt ist „Technology Related Anger“, Aggression gegen Technik, ein breites Feld: Menschen ärgern sich über Fahrkartenautomaten, beschimpfen Scannerkassen, treten Autos. Und sie schlagen Computer.

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Erforscht ist das nicht. Aufgrund ihrer Beobachtungen entwickelte Brinks drei Ausgangshypothesen: Menschen verhalten sich ihrem Computer gegenüber aggressiv, weil sie frustriert sind. Weil sie außerdem ihren PC nicht als Maschine, als Rechenknecht, sehen, sondern als Wesen. Und weil sie drittens Kollegen haben, die sich ähnlich verhalten.

Menschen reagieren aggressiv, wenn Computer sie „behindern“

Diese Hypothesen haben sich in der Befragung bestätigt. Menschen reagieren aggressiv, wenn ihre Computer sie „behindern“: Heikel wird es, wenn man unter Zeitdruck ein wichtiges Ziel erreichen muss, und der Computer nicht tut, was man will. An Unkenntnis kann das nicht liegen. Denn IT-Fachleute behandeln ihre PCs häufig ausgesprochen schlecht. Dahinter steckt wohl die Tatsache, dass viele Mitarbeiter Probleme mit ihren Computern auf PC-Betreuer und Administratoren abschieben. Die Fachleute dagegen müssen sehen, wie sie mit Computern klarkommen, die entgegen aller Logik immer noch nicht tun, was die Benutzer wollen.

Denn das fand Brinks auch heraus: Aggression entsteht seltener durch Bedienungsfehler als durch tatsächlich kaum erklärbares Fehlverhalten. Wenn beispielsweise ein neu aufgespieltes Programm andere Anwendungen blockiert. Wenn die Graphik-Karte nicht mehr funktioniert, nachdem man in den PC ein neues CD-Laufwerk eingebaut hat. Die Soziologin vermutet auch, dass Aggression umso schneller entsteht, je abhängiger man sich von dem Gerät macht.

Die Kosten, die durch nicht funktionierende Technik entstehen, sind hoch. Eine niederländische Studie geht von anderthalb mit PC-Problemen verlorenen Stunden pro Woche an jedem Bildschirmarbeitsplatz aus; andere Studien veranschlagen den Zeitverlust noch erheblich höher.

(idw – FernUniversität in Hagen, 17.11.2004 – DLO)

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