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Astronomie

Sternenwanderung in der Milchstraße entdeckt

Ein Drittel aller Sterne steht heute weit von ihrem ursprünglichen Geburtsort entfernt

Wanderung von Sternen in der Milchstraße © Dana Berry/SkyWorks Digital, Inc., SDSS Collaboration

Überraschender Ortswechsel: Die Position der Sterne in der Milchstraße ist nicht so stabil wie gedacht. Denn rund ein Drittel aller Sterne hat im Laufe ihres Lebens die galaktische Umlaufbahn dramatisch verändert. Sie stehen heute weit entfernt von ihrem ursprünglichen Entstehungsgebiet, wie eine Kartierung der Sternenchemie in unserer Galaxie ergab. Dies sei ein erster Beleg für eine solche stellare Migration in der gesamten Milchstraße, so die Forscher im Fachmagazin „The Astrophysical Journal“.

Unsere Milchstraße ist ein durchaus dynamischer Ort: Das Schwarze Loch in ihrem Zentrum saugt Materie an, Sternenexplosionen lassen Sterne durch die Galaxie rasen und sowohl im Zentrum als auch in den Außenbereichen der Milchstraße entstehen neue Sterne in gewaltigen Gasnebeln. Die Grundstruktur der Galaxie und die relative Position eines Großteils ihrer Sterne galten aber bisher als relativ stabil.

Sternenchemie verrät Geburtsort

Doch Michael Hayden von der New Mexico State University in Las Cruces und seine Kollegen haben diese Annahme nun widerlegt. Für ihre Studie analysierten sie im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) die chemischen Zusammensetzung von fast 70.000 Roten Riesen in verschieden Gebieten der Milchstraße. Anhand der charakteristischen Spektrallinien im Licht dieser Sterne ermittelten sie den Anteil verschiedener schwerer Elemente.

Künstlerische Darstellung der Milchstraße © NASA/JPL-Caltech

Dieser verrät, welcher Generation ein Stern angehört und aus welcher Region der Milchstraße er stammt. „Sterne erzeugen schwerere Elemente in ihren Kernen“, erklärt Koautor Jon Holtzman von der New Mexico State University. „Wenn diese Sterne sterben, gehen die Elemente zurück in das Gas, aus dem sich dann die nächsten Sterne bilden.“ Weil das Tempo der Sternenbildung und die Lebensdauer der Sternen je nach Region verschieden ist, unterscheidet sich auch die chemische Zusammensetzung der Sterne in verschiedenen Milchstraßen-Bereichen.

„Weit vom Entstehungsort entfernt“

Doch als die Forscher die Elementzusammensetzung ihrer Teststerne analysierten, stellten sie Überraschendes fest: Bei einem Drittel von ihnen passte die Chemie nicht zur galaktischen Umgebung. Sie mussten demnach an einem anderen Ort entstanden sein als dem, an dem sie heute stehen. Die meisten dieser Sterne befinden sich heute sogar weit entfernt von ihrem Geburtsort, wie die Astronomen berichten.

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„In unserer modernen Welt ziehen viele Menschen weit von ihrem Geburtsort weg, manchmal um die halbe Erde“, sagt Hayden. „Wie wir jetzt feststellen, ist es mit den Sternen in unserer Milchstraße genauso: Etwa 30 Prozent von ihnen hat einen langen Weg von dem Ort zurückgelegt, an dem sie einst geboren wurden.“ Diese galaktischen Reisen dauern allerdings Millionen bis Milliarden Jahre – zu unseren Lebzeiten bemerken wir daher davon nichts.

Wanderung von Sternen in der Milchstraße© Dana Berry/SkyWorks Digital, Inc., SDSS Collaboration

Migration auf die stellare Art

Nach Ansicht der Forscher lässt sich dieser ziemlich dramatische Ortswechsel so vieler Sterne durch die sogenannte galaktische Migration erklären. Dabei bewegen sich die Sterne im Laufe der Zeit radiär zum Milchstraßenzentrum – sie wandern mal näher an das Zentrum heran und mal weiter von ihm weg. Teilweise könnte dies durch die spiralige Anordnung der Milchstraßenarme und andere Unregelmäßigkeiten in der Struktur der Galaxie bewirkt werden, so die Astronomen.

Belege für eine solche stellare Migration haben Astronomen schon früher bei einigen Sternen im Umfeld der Sonne gefunden. Die neue Studie liefert nach Angaben von Hayden und seinen Kollegen nun den ersten klaren Beleg dafür, dass eine solche Migration in der gesamten Milchstraße stattfindet. (The Astrophysical Journal, 2015; doi: 10.1088/0004-637X/808/2/132)

(New Mexico State University, 03.08.2015 – NPO)

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