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Geowissen

Zwillingsvulkane mit unterschiedlichen Wurzeln

Einzelner vulkanischer Hotspot verursacht unterschiedliche geochemische Spuren

Von oben gesehen ist der vulkanische Ursprung der Insel Tristan da Cunha besonders deutlich erkennbar. Dieses Foto stammt von der Internationalen Raumstation ISS. © NASA

Rätselhafte Unterschiede: Zwei Vulkane im Südatlantik haben denselben Ursprung – werfen aber unterschiedliches Material aus. Vulkanologen haben nun enträtselt, aus welcher Quelle beiden „Zwillingsvulkane“ jeweils ihr Magma beziehen. Dieses Ergebnis könnte auch ähnliche Rätsel an anderen vulkanischen Hotspots beantworten helfen, schreiben die Forscher im Magazin „Nature Communications“.

Mitten im Südatlantik, tausende von Kilometern entfernt vom nächsten besiedelten Land, liegt eine der wohl einsamsten bewohnten Insel der Erde: Tristan da Cunha. Zusammen mit der 400 Kilometer entfernten, unbewohnten Nachbarinsel Gough gehört sie zu den britischen Überseegebieten. Beide Inseln sind aktive Vulkane, die nach gängiger Meinung auf dem gleichen vulkanischen Hotspot liegen. Doch trotz ihres gleichen Ursprungs unterscheidet sich die Lava dieser beiden Vulkane rätselhafterweise.

Tristan-Gough-Hotspot vor 132 Millionen Jahren

Vulkanische Hotspots finden sich in allen Ozeanen. „Dort transportieren riesige Umwälzbewegungen im Erdinneren, sogenannte ‚Plumes‘, besonders viel heißes Material aus dem Erdinneren Richtung Erdkruste“, erklärt Kaj Hoernle vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Dieses heiße Material kann die dünne Kruste durchbrechen und so auf dem Meeresboden Vulkane bilden.

Im Gegensatz zu anderen Hotspots kann die Wissenschaft die Geschichte von Tristan-Gough bis zum frühesten Stadium zurückverfolgen. Höchstwahrscheinlich spielte der Hotspot eine Rolle, als vor 132 Millionen Jahren der Kontinent Gondwana in Afrika und Südamerika zerbrach. Während der Südatlantik in der Folgezeit immer breiter wurde, lagerte der Hotspot sein Material am Meeresgrund ab. Dabei entstanden die Unterwassergebirge Walvis Ridge und Rio Grande Rise.

Lage der Vulkane Tristan da Cunha (nördlich) und Gough (südlich) im Südatlantik. © GEBCO world map 2014 / GEOMAR

Erklärung in 2.500 Kilometern Tiefe

An ihren Gesteinen sind die Unterschiede zwischen den „Zwillingsvulkanen“ Gough und Tristan da Cunha erkennbar: Geochemische Analysen von Proben dieser unterseeischen Gebirgszüge zeigen, dass die ältesten Teile des Walvis Ridge genauso wie die Ablagerungen auf den Kontinenten typisch kontinentale Eigenschaften aufweisen – ähnlich wie der heutige Vulkan Gough.

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Der Teil des Walvis-Ridge, der jünger als 70 Millionen Jahre ist, ist dagegen zweigeteilt: „Der südliche Teil zeigt weiter die kontinentale Gough-Signatur, der nördliche eine eher ozeanische, die zum heutigen Vulkan Tristan da Cunha passt“, sagt Koautorin Joana Rohde.

Eine mögliche Erklärung liegt mehr als 2.500 Kilometer tief im unteren Erdmantel. Unter dem südlichen Afrika befindet sich in diesen Tiefen eine riesige Material-Linse, die andere chemische und physikalische Eigenschaften als das umgebende Mantelmaterial aufweist. Der Tristan-Gough-Hotspot liegt am Rand dieser Linse. „Vermutlich hat er sein Magma zunächst daraus bezogen“, erläutert Hoernle, „mit der Zeit hat er das Material am Rand aber aufgebraucht. Der Plume fing an, auch umgebendes Material anzusaugen.“

Modell für andere Hotspot-Spuren

So bildeten sich zwei eng nebeneinander liegende, zur Oberfläche gerichtete Magmaströme mit unterschiedlichen Zusammensetzungen. In der Zukunft könnte der Kontakt zu der abweichenden Magmalinse ganz abreißen. „Dann würde der Hotspot wieder nur eine Sorte Material am Meeresboden ablagern“, so der Vulkanologe.

Dieses Modell lässt sich auch auf andere Hotspot-Spuren, wie zum Beispiel die von Hawaii, übertragen. Auch dort gibt es Befunde, dass nahe beieinanderliegende Vulkane unterschiedliches Material ausstoßen und sich die Dominanz des einen oder anderen Materials mit der Zeit ändert. Und auch unterhalb des Pazifiks ist eine ähnliche Magmalinse wie unter Südafrika nachweisbar. „Dank der Untersuchungen am Tristan-Gough-Hotspot verstehen wir jetzt das für uns immer noch geheimnisvolle System im Erdinneren wieder ein bisschen besser“, sagt Hoernle. (Nature Communications, 2015; doi: 10.1038/ncomms8799)

(GEOMAR, 27.07.2015 – AKR)

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