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Raumfahrt

Kopfzerbrechen um Lander Philae

Landesonde könnte sich auf der Kometenoberfläche erneut bewegt haben

Die Aufnahme der Rosetta-Navigationskamera vom 31. Januar 2015 zeigt deutlich eine Fontäne aus Gas und Staub, die vom Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufsteigt. Im Bild ist die nördliche Hemisphäre zu sehen, die nur wenige Meter Oberfläche verlieren wird. Die südliche Hemisphäre dagegen verliert nach Modellrechnungen bis zu 20 Meter. © ESA/Rosetta/Nav Cam

Rätsel um Philae: Die Landesonde auf dem fernen Kometen Churyumov-Gerasimenko scheint erneut Probleme zu haben. Denn nach ihren Lebenszeichen Ende Juni und Anfang Juli meldet sie sich nun schon wieder nicht mehr. Möglicherweise haben Gasausbrüche den kleinen Lander erneut verschoben, so die Vermutung des Philae-Missionsteams. Sie tüfteln an weiteren Methoden, in Kontakt mit der Landesonde zu treten.

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Langweilig wird es mit der Landesonde Philae jedenfalls nicht: Nach seiner historischen, aber ungünstigen Landung auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko im November 2014, ging Philae zunächst der Saft aus und die Sonde verstummte mehrere Monate lang. Dann, Ende Juni 2015 endlich wieder ein Lebenszeichen: Philae übermittelte Daten ans Lander-Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) – nur um jetzt wieder in Schweigen zu verfallen.

Seitdem arbeitet das Team daran, mit Tricks und Kniffen wieder in Kontakt mit dem Lander zu treten und ihn für wissenschaftliche Messungen zu betreiben. „Auf unser gesendetes Kommando, das Instrument ROMAP einzuschalten, hat er noch nicht geantwortet“, erläutert Philae-Projekteiter Stephan Ulamec vom DLR. An einem baugleichen Modell im Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) des DLR testen die Ingenieure deshalb zurzeit verschiedene Kommandos, mit denen sie Philae aktivieren und optimieren wollen.

Hat sich Philae bewegt?

Es gibt neue Hinweise darauf, dass die kleine Landesonde ihre Position verändert haben könnte. Denn in den Daten, die Philae bisher über seinen Zustand auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko schickte, übermittelte er auch Informationen über die Sonneneinstrahlung auf seinen Sonnenpanelen. „Und dieses Profil – auf welche Panele wieviel Sonne trifft – hat sich von Juni zu Juli deutlich verändert“, sagt Ulamec. „Dies lässt sich nicht nur mit dem Verlauf der Jahreszeiten auf dem Kometen erklären.“

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Der Lander könnte beispielsweise durch Gasausstöße des erwachenden Kometen seine Position verändert haben. Er stand bisher an einem Kraterrand im Schatten einer aufragenden Wand. Schon eine leichte Veränderung seiner Position könnte bedeuten, dass seine Antenne auf der Oberseite nun noch stärker verdeckt wird. Dies hätte Auswirkungen auf die Kommunikation mit Philae.

„Blinde“ Kommandos als Unterstützung

Möglich ist zudem, dass nicht nur eine der beiden Empfangseinheiten des Landers beschädigt ist, sondern auch eine der beiden Sende-Einheiten nicht fehlerlos arbeitet. Allerdings ist Philae darauf programmiert, in regelmäßigen Abständen zwischen beiden Sende-Einheiten hin und her zu schalten. Auch dies könnte erklären, warum die Kontakte zu Philae so unregelmäßig sind.

„Wir haben mit unserem Bodenmodell deshalb ein Kommando getestet, das Philae nur mit dem funktionierenden Sender arbeiten lässt“, erklärt Ulamec. Dieses wurde auch bereits an den Lander geschickt. Dieses „blind commanding“ – ohne dass der Lander eine Bestätigung sendet – soll ermöglichen, dass er den Befehl empfängt und ausführt, sobald er während des Kometentags mit Sonnenenergie versorgt wird und sich einschaltet.

So hätte es die ESA gern gehabt: Philaes Cartoon-Alter Ego auf dem Kometen. © ESA

Arbeitspaket soll aktiviert werden

Ein weiteres Kommando erproben die Ingenieure des DLR-Kontrollzentrums in Köln gerade an ihrem Bodenmodell von Philae: Sie wollen versuchen, ein „Arbeitspaket“ auf dem Lander zu aktivieren, das bereits im November 2014 nach der Landung erfolgreich ausgeführt worden und bei Philae noch gespeichert ist. Damals hatte das Team im Lander-Kontrollzentrum den Lander mit einer Art „Notfallprogramm“ versorgt, damit dieser während einer Zeit ohne Kommunikationsmöglichkeiten dennoch fünf Instrumente in Betrieb nehmen konnte.

„Mit diesem Arbeitspaket werden mit der Thermalsonde MUPUS Temperaturmessungen durchgeführt, ROMAP und SESAME messen, und PTOLEMY und COSAC forschen im Schnüffelmodus“, sagt DLR-Wissenschaftler Stephan Ulamec. „Alle diese Instrumente benötigen keine weiteren detaillierten Kommandos, sondern das gespeicherte Arbeitspaket muss zunächst einmal nur abgerufen werden.“ Sollte diese Idee funktionieren, würde Philae nach dem Einschalten mit wissenschaftlichen Messungen beginnen und diese Daten in einem nächsten Schritt zur Erde senden.

Rosetta versucht weiter Kontakt aufzunehmen

Noch bis zum 24. Juli 2015 richtet sich Orbiter Rosetta nach den Ansprüchen des Landers aus und fliegt eine Bahn, die für die Kommunikation der beiden miteinander günstig ist. Anschließend wird Rosetta mit seinen elf Instrumenten an Bord über die südliche Hemisphäre des Kometen fliegen, die nun zunehmend von der Sonne angestrahlt wird. Dabei werden sich die Versuche zur Kommunikation mit Philae mit den Prioritäten zur Beobachtung mit den Orbiter-Instrumenten abwechseln.

Natürlich gibt das DLR-Team ihre Landesonde Philae nicht auf. „Er ist offensichtlich immer noch funktionsfähig, denn er schickt uns immer wieder Daten, wenn auch in unregelmäßigen Abständen und zu überraschenden Zeitpunkten“, sagt Ulamec. „Es gab bereits mehrmals die Befürchtung, der Lander bliebe ausgeschaltet – aber er hat uns immer wieder eines Besseren belehrt.“

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 20.07.2015 – NPO)

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