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Technik

Die Bildschirm-Welt ist nicht flach

Verformbare Displays sollen Objekte dreidimensional darstellen und greifbar machen

Verformbare Bildschirme wie diese Lycra-Fläche ermöglichen völlig neue Interaktionen mit den dargestellten Objekten. © University of Kopenhagen

Faszinierende Technologie: Objekte und Daten könnten sich bald aus dem Bildschirm herausziehen und mit der Hand befühlen und verändern lassen. Verformbare Displays und Eingabegeräte sollen dies in naher Zukunft ermöglichen. In einem EU-Forschungsprojekt sind bereits erste Prototypen entstanden.

Flachbildschirme sind längst zur Normalität geworden, und wir verwenden sie den ganzen Tag – am Computer im Büro, mit dem Smartphone in der Bahn nach Hause und als Fernsehgerät oder mit dem Tablet abends auf dem Sofa. Unsere Welt ist allerdings nicht flach, sie besteht aus Hügeln und Tälern, Menschen und Gegenständen. Natürlich lässt sich diese dreidimensionale Welt auch in 3D-Grafiken und Animationen darstellen. Aber was wäre, wenn die Anzeige auf dem Bildschirm tatsächlich dreidimensional wäre, anstatt nur so auszusehen?

Aus dem Bildschirm in die dreidimensionale Welt

Genau diese Idee verfolgt das EU-Forschungsprojekt GHOST (Generic, Highly-Organic Shape-Changing Interfaces) unter Koordination von Kasper Hornbæk von der Universität Kopenhagen: Es soll Menschen erlauben, mit Computern und Mobilgeräten nicht nur ein Bild, sondern auch die Form eines Objekts zu betrachten und sogar zu bearbeiten. Der Bildschirm selbst könnte sich mit der Hand verändern lassen, dargestellte Objekte könnten sich aus dem Bild heraus in unsere dreidimensionale Welt ziehen lassen.

Ein solcher Durchbruch bei der Interaktion zwischen Benutzer und Technologie ermöglicht es, Objekte und selbst Daten auf eine vollkommen neue Weise zu bearbeiten. Ein Chirurg könnte etwa physisch an einem virtuellen Gehirn arbeiten, das sich genau wie ein echtes Gehirn anfühlt, bevor er eine richtige Operation durchführt. Konstrukteure und Künstler, die sonst mit verformbaren Materialien wie Ton arbeiten, könnten auch am Computer Objekte gestalten, verändern und speichern.

Prototypen: „Emerge“ und „Morphees“

Die GHOST-Forscher haben bereits eine Reihe von Prototypen hergestellt, um Anwendungen für formwechselnde Technologie zu demonstrieren. „Emerge“ ist einer dieser Prototypen, bei dem die Daten eines Balkendiagramms mit den Fingerspitzen aus dem Bildschirm herausgezogen werden können. Informationen wie Wahlergebnisse oder Niederschlagsmuster können dann neu angeordnet und nach Spalte, Zeile oder einzeln aufgeschlüsselt werden, um sie anschaulicher darzustellen.

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Prototyp eines verformbaren Displays: Das dynamische Balkendiagramm „EMERGE“, GHOST-Forscher Esben Pedersen über die Steuerung verformbarer Bildschirme© Jason Alexander, University of Kopenhagen

Die Forscher arbeiten darüber hinaus mit „Morphees“: Das sind flexible Mobilgeräte mit Displays aus Lycra oder Legierungen, die sich je nach Nutzung biegen und dehnen. Sie können automatisch ihre Form verändern, etwa um bei der Eingabe eines PIN-Codes die Finger zu verbergen oder sich an die Irrungen und Wirrungen eines Spiels anzupassen. Solche Geräte könnten auch in der Hand vergrößert werden, um Daten genauer zu betrachten, und vor dem Einstecken wieder zurück in das Taschenformat gebracht werden.

Mehr als die Umformung des Bildschirms

„Es geht nicht nur um die Umformung des Bildschirms, sondern auch um das digitale Objekt, das bearbeitet wird, vielleicht sogar mitten in der Luft“, beschreibt Hornbæk. „Beispielsweise mit Technologie für Ultraschall-Levitation können wir die Anzeige aus dem Flachbildschirm herausprojizieren. Und dank umformbarer Bildschirme können wir sie mit den Fingerspitzen bearbeiten.“

Außerdem entwickeln die Wissenschaftler bereits verformbare Eingabegeräte wie Matten oder Schwämme. Musiker können damit beispielsweise Klangfarbe, Geschwindigkeit und andere Parameter elektronischer Musik steuern.

Bis wir solche verformbaren Bildschirme tatsächlich berühren können, dauert es jedoch noch eine Weile. Industriepartner wie das britische Startup-Unternehmen UltraHaptics arbeiten jedoch fieberhaft daran, etwa Objekte mithilfe von Ultraschall direkt in der Luft ertastbar zu machen. „Displays, die bei Verwendung ihre Form verändern, sind wahrscheinlich nur noch fünf Jahre entfernt“, vermutet Hornbæk. „Bis ein Smartphone eine Landschaft in 20 oder 30 Zentimetern Entfernung zum Display projizieren kann, wird es noch ein wenig länger dauern – aber wir arbeiten daran!“

Prototyp eines verformbaren Displays: Das dynamische Balkendiagramm „EMERGE“, GHOST-Forscher Esben Pedersen über die Steuerung verformbarer Bildschirme© Jason Alexander, University of Kopenhagen

(European Commission, CORDIS, 06.07.2015 – AKR)

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