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Neurobiologie

Unser Geruchssinn hat einen „Fingerabdruck“

Verteilung von Rezeptoren in der Nase ist für jeden Menschen charakteristisch

Der Geruchsfingerabdruck der Person in der Mitte unterscheidet sich von der Person links, bleibt aber über mindestens 30 Tage stabil (rechts). © Weizmann Institute of Science

Unsere Nase ist einzigartig: Millionen von Geruchsrezeptoren geben jedem Menschen einen eigenen „Geruchsfingerabdruck“. Dieser individuelle Geruchssinn bestimmt nicht nur, wie wir verschiedene Gerüche wahrnehmen. Der Fingerabdruck in der Nase könnte auch dabei helfen, passende Organspender zu finden, schreiben israelische Forscher im Journal „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Gerüche beeinflussen uns oft auf subtile Weise, spielen aber eine beachtliche Rolle in unserem Leben: Schon beim Händeschütteln ausgetauschte Duftstoffe haben Teil an unserer sozialen Kommunikation. Welche Düfte wir bevorzugen, wirkt sich auch bei der Partnerwahl aus.

Unsere Nase macht dies mit etwa vierhundert verschiedenen Arten von Geruchsrezeptoren möglich. Insgesant rund sechs Millionen solcher Rezeptoren machen die Nase zum leistungsfähigsten Sinnesorgan, wenn es darum geht, verschiedene Signale zu unterscheiden. So viele verschiedene Rezeptoren können unmöglich in jedem Menschen genau gleich verteilt sein – der Geruchssinn unterscheidet sich also stark von Mensch zu Mensch. Doch wie charakteristisch sind diese Unterschiede?

Zitronig oder maskulin?

Der Neurobiologe Lavi Secundo vom israelischen Weizmann Institute of Science hat dies zusammen mit seinen Kollegen überprüft. Ihre Methode basiert darauf, wie ähnlich oder unterschiedlich verschiedene Menschen Paare von Gerüchen wahrnehmen. Ihren Versuchspersonen setzten die Wissenschaftler dazu 28 verschiedene Düfte vor. Diese sollten die Probanden mit einem von 54 vorgegebenen Worten charakterisieren, darunter Begriffe wie „zitronig“ oder „maskulin“.

Aus den 28 Gerüchen lassen sich insgesamt 378 verschiedene Paare bilden. Anhand der Beschreibungen erstellten die Forscher mit einer ausgefeilten mathematischen Formel so einen 378-dimensionalen „Geruchsfingerabdruck“, der sich in der Tat von Person zu Person unterscheidet. Auch über längere Zeiträume bleibt dieser Fingerabdruck offenbar für jede Person charakteristisch. Die 28 Gerüche reichen aus, um etwa zwei Millionen verschiedene Fingerabdrücke zu erfassen. Mit bereits 34 Düften ließen sich theoretisch alle sieben Milliarden Erdbürger unterscheiden.

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Fingerabdruck für Organspenden

Dieser Fingerabdruck könnte praktische medizinische Bedeutung gewinnen: Er hängt offenbar mit einem weiteren System unseres Körpers zusammen, in dem sich alle Menschen unterscheiden – dem Immunsystem. Secundo und Kollegen haben herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Geruchsfingerabdruck und einem Immun-Antigen namens HLA gibt.

HLA wird genutzt, um Übereinstimmungen für Organspenden zu untersuchen. Voruntersuchungen dazu ließen sich möglicherweise bereits mit dem Geruchsfingerabdruck durchführen, ganz ohne Blutproben oder Knochenmarksprenden. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2015; doi: 10.1073/pnas.1424826112)

(Weizmann Institute of Science, 01.07.2015 – AKR)

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