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Technik

Gefährliche Ablenkung durch Head-up Display?

Informationen auf der Windschutzscheibe kosten Aufmerksamkeit und Reaktionszeit

Plötlich auftauchende Informationen im Head-up Display auf der Windschutzscheibe könnten mehr ablenken als helfen. © Sun Y, Wu S, Spence I (2015) / PLoS ONE

Hilfreiche Information oder gefährliche Ablenkung? Auf die Windschutzscheibe eingeblendete Verkehrswarnungen könnten das Autofahren noch gefährlicher machen, statt zusätzliche Sicherheit zu bieten: Sie lenken den Fahrer ab und kosten wertvolle Aufmerksamkeit, urteilen Wissenschaftler. Auch die Reaktionszeit lässt in anspruchsvollen Situationen drastisch nach, berichten die Forscher im Magazin „PLOS ONE“.

Beim Autofahren gilt es, nahezu gleichzeitig auf viele verschiedene Informationen zu achten: Geschwindigkeit, Gegenverkehr, Überholmanöver, Ampeln, Fußgänger, Einparkhilfe, Navigationssystem und eventuell noch ein eingehender Anruf auf dem Smartphone. Auf die Windschutzscheibe projizierte Informationen könnten dabei helfen, diese Datenflut sicherer zu bewältigen: Auf diese Weise lassen sich die Informationen lesen, ohne den Blick von der Straße wenden zu müssen. Wenn sie den Fahrer jedoch zusätzlich ablenken, könnten solche „Augmented-reality head-up displays“ (AR-HUDs) das Fahren jedoch noch gefährlicher anstatt sicherer machen.

Zusatzinformation lenkt ab

Wissenschaftler unter der Leitung von Ian Spence von der University of Toronto haben darum in einem einfachen Experiment untersucht, wie sehr zusätzlich eingeblendete Informationen vom Fahren ablenken könnten. Dabei sollten Versuchspersonen zunächst so schnell wie möglich zufällig angeordnete Punkte auf einem Computerbildschirm zählen. In manchen Fällen war diese Aufgabe schwerer: Ein zufällig eingeblendetes schwarzes Quadrat simulierte zusätzlich vorhandene Informationen. Die Probanden sollten auch angeben, ob sie dieses Quadrat wahrgenommen hatten oder nicht.

Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Ohne das Quadrat hatten die Teilnehmer keinerlei Probleme, die Punkte genau zu zählen. War die eingeblendete Zusatzinformation jedoch vorhanden, sank die Genauigkeit schon bei wenigen vorhandenen Punkten ab. Gab es mehr Punkte zu zählen, wurden die Resultate sogar noch ungenauer. Je mehr Aufmerksamkeit die eigentliche Aufgabe erfordert, desto anfälliger waren die Probanden für Ablenkungen, urteilt Spence.

Wetteifern um Aufmerksamkeit

Im tatsächlichen Straßenverkehr kommt es jedoch noch auf wesentlich mehr an, als nur eine auftauchende Form zu bemerken. Unterschiedliche Signale müssen stattdessen erkannt und interpretiert werden. „Es wäre zum Beispiel nötig, zwischen einer Warnung vor einem Unfall und einer Anweisung zum Abbiegen zu unterscheiden“, sagt Spence. Um die Aufmerksamkeit des Fahrers wetteifernde verschiedene Warnungen könnten sogar gefährlicher sein, als überhaupt keine Warnungen einzublenden.

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Spence und Kollegen führten darum noch ein verschärftes Experiment durch: Statt eines schwarzen Quadrates tauchten nun verschiedene geometrische Formen auf, die die Versuchspersonen zusammen mit der Zahl der Punkte benennen sollten. Diese Formen wurden völlig unvorhersehbar eingeblendet – so wie auch neue Informationen auf einem AR-HUD plötzlich und unerwartet auftauchen können.

Verpasste Warnungen und verlangsamte Reaktionen

In diesem Experiment fiel die Ablenkung noch größer aus, und betraf beide Aufgaben: Bei größeren Mengen zu zählender Punkte erkannten die Teilnehmer die geometrischen Formen oft falsch oder übersahen sie völlig. Auch die Genauigkeit beim Punktezählen ließ stark nach. „Die beiden visuellen Aufgaben schränkten sich gegenseitig ein und behinderten sowohl Reaktionsgeschwindigkeit als auch Genauigkeit“, erklärt Spence.

„Verpasste Warnungen und verlangsamte Reaktionszeiten sind echte Bedrohungen für die Sicherheit“, so Spence weiter. Warnungen würden jedoch vor allem bei dichtem Verkehr und in ohnehin schon anspruchsvollen Situationen auftauchen. Leidet die Aufmerksamkeit des Fahrers dann noch zusätzlich, steigt das Sicherheitsrisiko noch weiter an. (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.0130611)

(University of Toronto, 29.06.2015 – AKR)

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