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Zoologie

Zugvögel: Netzhaut als Magnetkompass

„Kopfschüttelnde“ Gartengrasmücken „scannen“ Magnetfeld der Erde

Zugvogel Grasmücke © Universität Oldenburg

Zugvögel „scannen“ das Magnetfeld der Erde, das sie zur Flugorientierung nutzen, mit speziellen regelmäßigen Kopfbewegungen. Das zeigen Experimente von Forschern der Universität Oldenburg. Vermutlich dient die Kopfbewegung zur Sensibilisierung der optischen Wahrnehmung. Ein sehr wahrscheinliches Erklärungsmodell geht davon aus, dass die Vögel über die Cryptochrom-Moleküle in ihren Augen eine Art „virtuelles Bild“ der Magnetfeldmuster wahrnehmen können.

„Wir haben bei Gartengrasmücken in Käfigen beobachtet, dass sie nachts, wenn sie normalerweise in Richtung ihrer Winter- beziehungsweise Sommerquartiere fliegen würden, regelmäßig den Kopf schütteln, und dass dieses Kopfschütteln zunimmt, wenn das Magnetfeld der Erde für sie nicht spürbar ist“, berichtet der Biologe Henrik Mouritsen, der an der Universität Oldenburg die von der VolkswagenStiftung geförderte Nachwuchsgruppe „Animal Navigation“ leitet. Die Forschungsergebnisse wurden in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht.

Magnetsensor im Kopf

Diese auffälligen, aber bisher kaum beachteten Kopfbewegungen konnten jetzt in Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Magnetfeldes gebracht werden: „Jetzt wissen wir mit Sicherheit, dass die Zugvögel ihren ‚Kompass‘ bzw. ‚Magnetsensor‘ im Kopf haben – und dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Netzhaut ihrer Augen lokalisiert ist“, so Mouritsen.

Erst kürzlich war dem Wissenschaftler und seinen MitarbeiterInnen der Nachweis gelungen, dass sich in der Netzhaut von Gartengrasmücken Cryptochrom-Moleküle befinden, die es den Vögeln ermöglichen könnten, das Magnetfeld zu „sehen“. Zuvor hatte er in Experimenten, bei denen der Weg freigelassener Zugvögel verfolgt wurde, nachgewiesen, dass die Tiere ihren „Kompass“ mit Hilfe des Sonnenuntergangs täglich neu eichen .

Fehlendes Magnetfeld verstärkt Kopfschütteln

Für die Experimente setzten die Oldenburger Forscher jeweils eine Gartengrasmücke in einen eigens angefertigten Käfig, in dem die Tiere praktisch frei von äußeren Störeinflüssen waren. In zahlreichen Nachtsitzungen beobachteten Mouritsen und sein Team mit Infrarotkameras, dass die Gartengrasmücken etwa einmal pro Minute ihren Kopf zur Seite bewegten, wenn sie dem natürlichen Magnetfeld ausgesetzt waren. Auffällig war, dass das Kopfschütteln signifikant zunahm, wenn das Magnetfeld fehlte.

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Die erhöhte Frequenz der Kopfbewegungen erklärt sich durch das Suchen der Vögel nach einem magnetischen Orientierungsmuster. Diese Zunahme lässt sich Mouritsen zufolge nicht durch Zufälle erklären, da sich die allgemeine Bewegungsintensität der Vögel im Durchschnitt nicht voneinander unterscheidet. Außerdem richteten sich die Vögel, die im natürlichen Magnetfeld untersucht wurden, nach dem „Kopfscan“ deutlich häufiger in Richtung ihrer genetisch vorbestimmten Hauptflugrichtung aus als die Individuen der Untersuchungsgruppe ohne Magnetfeld. Das fehlende Magnetfeld führte dazu, dass die Orientierungsbewegung nach dem Scannen rein zufällig ausfiel.

Vermutlich dient die Kopfbewegung zur Sensibilisierung der optischen Wahrnehmung zum Scannen der maximalen oder minimalen Stärke. Ein sehr wahrscheinliches Erklärungsmodell geht davon aus, dass die Vögel über die Cryptochrom-Moleküle in ihren Augen eine Art „virtuelles Bild“ der Magnetfeldmuster wahrnehmen können.

(Universität Oldenburg, 12.11.2004 – NPO)

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