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Biologie

Pandas haben die falsche Darmflora

Bakterien im Verdauungstrakt ähneln eher denen von Fleischfressern

Ein Großer Panda in der Forschungs- und Zuchtstation Chengdu © El GIMP / CC-by-sa 2.5

Von wegen gut angepasst: Der Große Panda hat eine für seine Ernährung völlig falsche Darmflora, wie Forscher herausgefunden haben. Statt pflanzenzersetzender Bakterien dominieren in seinem Verdauungstrakt die typischen Mikroben von Fleischfressern – obwohl er seit Millionen Jahren reiner Vegetarier ist. Diese mangelnde Anpassung könnte ein weiterer Faktor sein, der den Großen Pandas das Überleben erschwert.

Obwohl die Großen Pandas zu den Bären gehören, sind sie reine Vegetarier. Ihre absolute Leispeise ist Bambus und damit eine nicht gerade leicht verdauliche Kost. Denn die harten Stängel und robusten Blätter dieser Pflanze bedeutet für den Verdauungstrakt eine echte Herausforderung. Kein Wunder daher, dass die Pandas einen Großteil ihrer Bambusnahrung unverdaut wieder ausscheiden.

Bakterien als Verdauungshelfer

Um trotzdem genügend Nährstoffe aufzunehmen, fressen Pandas bis zu 14 Stunden am Tag und nehmen dabei bis zu zwölf Kilogramm Bambus zu sich. Weil ihnen passende Enzyme fehlen, nutzen die Pandas zudem ähnlich wie Rinder, Termiten und andere Pflanzenfresser symbiontische Bakterien im Darm als Verdauungshelfer. Diese zersetzen die widerstandsfähige, zellulosehaltige Nahrung und erhalten dafür ihrerseits Nahrungsnachschub.

Zhihe Zhang von der Chengdu Forschungsstation zur Zucht der Großen Pandas in China und seine Kollegen haben nun genauer untersucht, welche Bakterien im Darm der Pandas vorkommen. Dafür analysierten sie 121 Kotproben von 45 Großen Pandas, die rund um die Forschungsstation leben.

Oder doch nicht?

Die Analysen ergaben Überraschendes: Die für Pflanzenfresser typischen Bakterien – darunter Ruminococcaceae und Bacteroides – fehlten im Darm der Großen Pandas weitgehend. Dafür dominierten Bakterienarten wie Escherichia, Shigella und Streptococcus, die auch bei fleisch- und allesfressenden Bären vorherrschen. Insgesamt ähnelte die Darmflora der Bambusfresser kaum denen von anderen Pflanzenfressern und mehr denen von Carnivoren, wie die Forscher berichten.

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„Dieses Ergebnis ist unerwartet und ziemlich spannend“, sagt Koautor Xiaoyan Pang von der Shanghai Jiao Tong University. „Es deutet darauf hin, dass die Darmflora des Großen Panda sich nicht gerade gut an seine einzigartige Diät angepasst hat.“ Genetische Studien zeigen, dass sich die Pandas aus fleischfressenden Bären entwickelten. Sie ernähren sich erst seit rund zwei Millionen Jahren von Bambus.

Schlecht angepasst

„Im Gegensatz zu anderen pflanzenfressenden Tieren, die erfolgreich spezialisierte Verdauungssysteme für ihre Pflanzennahrung entwickelt haben, hat der Große Panda noch immer den Verdauungstrakt eines Fleischfressers“, sagt Zhang. Da den Pandas auch die genetische Ausstattung fehlt, um die abbauenden Enzyme selbst herzustellen, ist ihre Ernährung extrem ineffektiv. Nur rund 17 Prozent der aufgenommenen Nahrung können sie verwerten, wie die Forscher erklären.

Nach Ansicht von Zhang und seinen Kollegen könnte diese fehlende Anpassung mit dazu beigetragen haben, die Großen Pandas an den Rand des Aussterbens zu bringen. Die Bambusfresser gehören zu den am stärksten gefährdeten Tierarten der Erde. In China leben nur noch geschätzt 1.860 Pandas in freier Wildbahn, ihre Lebensräume beschränken sich auf wenige Bergwälder. (mBio, 2015; doi: 10.1128/mBio.00022-15)

(American Society for Microbiology, 20.05.2015 – NPO)

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