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Psychologie

Erste Beziehung verändert kaum die Persönlichkeit

Zufriedenheit steigt, doch die Persönlichkeit ändert sich erst später

Junge Liebe: Die erste Beziehung gilt als prägend für das Leben - doch der Zeitpunkt ist entscheidend. © freeimages

Schmetterlinge im Bauch – aber kaum Effekt fürs Leben: In jungen Jahren wirkt sich die erste feste Beziehung nur wenig auf die Persönlichkeit aus. Erst ab Mitte zwanzig beeinflusst die erste Liebe merklich Dinge wie emotionale Stabilität oder Selbstbewusstsein, zeigt eine Studie deutscher Psychologen. Allerdings beeinflussen sich Beziehung und Persönlichkeit auch stark gegenseitig.

Ob ganz große Liebe oder Lagerfeuer-Beziehung in den Sommerferien: Die erste feste Beziehung kann uns das ganze Leben lang prägen – so die verbreitete Annahme. Auch Psychologen gingen bisher davon aus, dass junge Menschen ihre Persönlichkeit in der ersten Beziehung maßgeblich weiterentwickeln. Dies läge vor allem an den neuen Rollen, die Menschen in einer Partnerschaft übernehmen.

Von vorneherein unterschiedlich?

Tatsächliche Untersuchungen zu dem Thema haben jedoch einen Haken: „Problematisch ist, dass bisher zu wenig berücksichtigt wurde, ob sich Personen, die frühzeitig eine Partnerschaft eingehen, vielleicht schon von vornherein von denjenigen unterscheiden, die sich erst später binden“, erklärt Jenny Wagner von der Humboldt-Universität in Berlin. Anders ausgedrückt: Hängt der Einfluss auf die Persönlichkeit tatsächlich stark von der ersten Beziehung ab, oder lediglich vom Alter, in dem wir die erste Beziehung eingehen?

Um dies zu berücksichtigen verwendeten Wagner und ihre Kollegen Daten 312 junger Menschen aus einem Zeitraum von 2004 bis 2008. Das erste Mal wurden die Studienteilnehmer im Jahr 2004 über Persönlichkeitseigenschaften wie ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Lebenszufriedenheit und ihrer Neigung zu Depression befragt. Zu dieser Zeit waren alle Teilnehmer 21 Jahre alt und hatten noch keine Beziehungserfahrung. Diese Befragung wiederholten die Forscher zweimal im Abstand von jeweils zwei Jahren. Dabei erfassten sie auch den aktuellen Beziehungsstatus der Teilnehmer.

Beziehung macht glücklicher als Single-Dasein

So ergaben sich drei Gruppen: Solche Personen, die über den gesamten Zeitraum Singles blieben, solche, die nach zwei Jahren Beziehungserfahrung aufwiesen und solche, die nach vier Jahren in einer Beziehung waren. Anschließend bildeten die Psychologen jeweils „Zwillingspaare“ aus Studienteilnehmern, deren Angaben zu ihrer Persönlichkeit sich so ähnlich wie möglich waren – zu einem Zeitpunkt vor der ersten Beziehung. So konnten sie eventuelle Veränderungen vergleichen, sobald einer von beiden „Zwillingen“ eine Beziehung einging.

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Das erste eindeutige Ergebnis ist wenig überraschend: Junge Erwachsene, die ihre erste feste Beziehung eingehen, sind zufriedener mit ihrem Leben als Singles – und zwar unabhängig vom Zeitpunkt, egal ob diese Beziehung mit 21 oder erst mit 24 Jahren beginnt.

Ernsthafte Beziehung ab Mitte 20

Die Studienteilnehmer, die im Alter von 21 bis 23 Jahren ihre erste Beziehung hatten, unterschieden sich in ihrer Persönlichkeit nicht von den Singles. Jene, die erst zwischen 23 und 25 Jahren die erste Partnerschaft eingingen, zeigten sich danach im Vergleich zu gleichaltrigen Singles extravertierter, das heißt sozialer, sowie gewissenhafter, emotional stabiler und weniger anfällig für Depression. „Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass man mit Mitte 20 eher den Anspruch hat, eine ernsthafte Beziehung einzugehen, als mit Anfang 20“, erklärt Wagner, „und die erste Beziehung dadurch die Persönlichkeit mehr beeinflusst.“

Es ist aber nicht nur so, dass Beziehungserfahrung die Persönlichkeit verändern kann – der Prozess wirkt sich auch umgekehrt aus: Insbesondere die emotionale Stabilität und Extraversion beeinflussen, ob jemand eine Partnerschaft eingeht. Es könnte also sein, dass die Persönlichkeitsveränderung bei diesen jungen Erwachsenen erst die Beziehung ermöglicht hat.

„Das deckt sich mit Ergebnissen aus der Glücksforschung“, kommentiert Andrea Abele-Brehm von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie. „Dort fand man, dass einerseits soziale Beziehungen glücklich machen, andererseits ausgeglichene und in sich stabile Personen auch größere Chancen haben, soziale Beziehungen einzugehen.“ (Social Psychological and Personality Science, 2015; doi: 10.1177/1948550614566092)

(Deutsche Gesellschaft für Psychologie, 13.05.2015 – AKR)

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