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Raumfahrt

Satelliten-Explosion hinterlässt Trümmerwolke

50.000 neue Fragmente Weltraumschrott sind als Wolke um die Erde verteilt

Die Explosion von DMSP-F13 hinterließ eine sich ausbreitende Trümmerwolke. Hier ein Zwischenstadium, inwzwischen haben sich die Fragmente noch weiter verteilt. © University of Southampton

Weltraum-Explosion mit Folgen: Als in Februar ein US-Militär-Satellit im Orbit explodierte, hinterließ er mehr Trümmer als zunächst angenommen: Bis zu 50.000 Partikel kreisen seither in einer Wolke um die Erde, wie Forscher ermittelt haben. Eine Kollision mit diesen Minigeschossen kann einen Satelliten funktionsunfähig machen, besonders in Gefahr sind einige russische und US-Satelliten nahe der ehemaligen Explosionsstelle, wie die Forscher berichten.

Der militärische Wettersatellit DMSP-F13 war bereits 1995 in die Erdumlaufbahn gebracht worden. Seither lieferte er aus einem sonnensynchronen Orbit in 800 Kilometern Höhe Wetterinformationen für den National Weather Service der USA und die US Air Force. Doch am 3. Februar 2015 lief etwas schief: Die Bordsensoren registrierten einen plötzlichen Temperaturanstieg, dann folgte ein „nicht behebbarer Verlust der Lagekontrolle“, wie das Air Force Space Command mitteilte.

Wie groß ist die Kollisionsgefahr?

Doch war noch nicht alles, wie sich herausstellte: Der Wettersatellit war explodiert und hatte ein Feld von Weltraumschrott hinterlassen. Radarmessungen der Air Force und später auch der Europäischen Raumfahrtagentur ESA registrierten 43 größere Trümmerteile. Aufgrund ihrer Position und Bahn wurden diese jedoch nicht als gefährlich für anderer Satelliten oder orbitale Observatorien eingestuft. Tatsächlich hielt es die Air Force zunächst nicht einmal für nötig, die ESA und andere zivile Weltraumagenturen zu warnen, dass eine potenzielle Gefahr für ihre Satelliten vorliegen könnte.

Die DMSP-Wettersatelliten versorgen die US Air Force und andere Militär-Zweige mit Wetterdaten. © US Air Force

Francesca Letizia und ihre Kollegen von der Astronautics Research Group der University of Southampton haben nun neue, weniger beruhigende Erkenntnisse gewonnen. Die Forscher nutzten ein von ihnen entwickeltes Modell, um die Menge und Bahnen der bei dieser Explosion entstandenen Trümmerteile zu ermitteln. Dadurch konnten sie auch Schrottpartikel erfassen, deren Größe weit unter der Auflösungsgrenze von Radarmessungen liegen.

50.000 Fragmente

Das Ergebnis: Bei der Explosion von DMSP-F13 sind wahrscheinlich mehr als 50.000 Partikel der Größe von mehr als einem Millimeter entstanden. „Obwohl viele dieser Objekte nicht größer sind als eine Kugelschreiberspitze, können sie wegen ihrer enormen Geschwindigkeit eine Raumsonde funktionsunfähig machen“, erklärt Hugh Lewis.

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Auch die Verteilung der Trümmerteile – und damit das Kollisionsrisiko für benachbarte Satelliten, ermittelten die Forscher. „Die Fragmente der Explosion sind in einem Gürtel um die gesamte Erde verstreut“, berichtet Letizia. „Dadurch können auch Raumsonden in diese Wolke geraten, die auf einer ganz anderen Bahn fliegen als DMSP-F13.“ Am stärksten konzentriert ist der Explosionsschrott in Höhen knapp unterhalb des ursprünglichen Orbits von DMSP-F13.

Trümmerteile des DMSP-F13 kurz nach der Explosion über dem Pazifik © University of Southampton

Erhöhtes Risiko für benachbarte Satelliten

Am stärksten durch eine Kollision gefährdet sind nach Auskunft der Forscher einige russische und US-Satelliten, die ähnlich in sonnensynchronen oder polaren Orbits fliegen. „Die Entstehung einer neuen Wolke von kleinen Trümmerteilen in den Orbit hat das Risiko für andere Raumfahrzeuge in der Umgebung erhöht – auch wenn das Risiko durch größere Fragmente als gering eingestuft wurde“, betont Lewis.

Um Verteilung und Verhalten der Schrottpartikel hochaufgelöst zu berechnen, nutzten die Forscher einen Trick: Sie behandelten die Trümmerwolke als Flüssigkeit. Auf diese Weise ließ sich das Verhalten der Teilchen realistisch, aber mit deutlich weniger Rechenaufwand simulieren. „Dieser Ansatz erlaubt die Repräsentation sehr kleiner Fragmente, reduziert die Rechenzeit aber auf nur zehn Prozent dessen, was für eine numerische Simulation aller Einzelteile benötigt würde“, erklären die Wissenschaftler.

Und genau ist das Ganze offenbar trotzdem: Für Orbithöhen von 800 Kilometern wie in diesem Fall beziffern sie den relativen Fehler auf nur zehn Prozent der numerischen Methode. (Guidance, Control, and Dynamics, 2015; doi: 10.2514/1.G000695)

(University of Southampton, 07.05.2015 – NPO)

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