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Astronomie

„Säulen der Schöpfung“ in 3D

Berühmte Formation im Adlernebel könnte auch "Säulen der Zerstörung" heißen

Aus dem Spektrum der "Säulen der Schöpfung" ermittelten die Astronomen deren dreidimensionalen Aufbau. © ESO

Vier statt drei: Astronomen haben erstmals die dreidimensionale Struktur der berühmten Staubsäulen im Adlernebel entschlüsselt. Wie sich zeigte, bestehen die „Säulen der Schöpfung“ in Wirklichkeit aus vier getrennten Formationen statt drei. Die mehrere Lichtjahre langen Staubtürme sind zudem auf uns zu und von uns weg geneigt. Und noch etwas ergab die Studie: in drei Millionen Jahren wird die berühmte Formation komplett verschwunden sein.

Die „Pillars of Creation“ im Adlernebel gehören zu den bekanntesten Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble. Sie zeigen gewaltige, mehre Lichtjahre hohe Säulen aus Staub und leuchtenden Gasen in einer rund 7.000 Lichtjahre entfernten Sternenwiege im Adlernebel M16. Solche Säulen bilden sich, wenn die intensive UV-Strahlung und der starke Sternenwind junger, blauweißer Sterne ihre Umgebung durchrasen. Weniger dichtes Material wird dabei einfach weggeblasen.

Nur besonders dichte Klumpen von Gas und Staub können der erodierenden Wirkung dieser Strahlung widerstehen. Hinter ihnen bildet sich wie ein langer Schatten eine Zone, in der auch dünneres Gas und Staub das Bombardement überstehen. Solche Zonen im Windschatten dichterer Klumpen sind auch die berühmten „Säulen der Schöpfung“.

Die Säulen der Schöpfung in 3D: Deutlich ist zu erkennen, dass es sich um vier Säulen handelt, die einander teilweise verdecken. © ESO

Vier statt drei Säulen

A. F. Mc Leod von der Europäischen Südsternwarte und seine Kollegen haben nun mit Hilfe des MUSE-Instruments am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile die Zusammensetzung und Bewegung dieser Staubsäulen genauer analysiert. Dadurch konnten sie erstmals ein 3D-Modell der Säulen erstellen und so auch ihre Position und Form genauer erkunden.

„Die drei Säulen bestehen in Wirklichkeit aus vier getrennte Strukturen, die in verschiedener Entfernung entlang unserer Sichtachse liegen und unterschiedlich geneigt sind“, berichten die Astronomen. „Einige zeigen von uns weg, andere auf uns zu.“ So ist das Ende der linken Säule direkt auf die Erde gerichtet, die dunkle Wolke an ihrer Basis gehört dagegen zu einer getrennten Formation, die hinter der mittleren Säule liegt. Die beiden rechten Säulen zeigen dagegen mit ihrer Spitze leicht von uns weg.

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Hubble-Bilder wie diese "Pillars of Creation" im Adlernebel (M16) sind längst zu Ikonen geworden. Diese Sternenwiege liegt rund 6.500 Lichtjahre von uns entfernt. © NASA, ESA, STScI, J. Hester and P. Scowen (Arizona State University)

Sternengeburt und Erosion

Von uns aus gesehen stehen die jungen, intensiv strahlenden Sterne links von den „Pillars of Creation“. Die Spitze der linken Säule ist ihr am stärksten ausgesetzt und erscheint daher besonders hell, wie die Forscher berichten. In der Spitze der mittleren Säule entdeckten die Astronomen einen protostellaren Jet – eine mit Überschallgeschwindigkeit ins All hinausrasende Fontäne aus Gas, die von einem jungen Stern in der Bildungsphase ausgeht. Er belegt, dass in den Säulen tatsächlich noch neue Sterne geboren werden.

Die neuen Beobachtungen verraten auch, wie lange es die „Pillars of Creation“ noch geben wird: Durch die fortschreitende Erosion des Materials gehen in einer Million Jahren etwa 70 Sonnenmassen an Staub und Gas verloren, wie die Forscher ermittelten. Die „Säulen der Schöpfung“ mit einer Gesamtmasse von etwa 200 Sonnenmassen haben demnach nur noch eine Lebenserwartung von rund drei Millionen Jahren – in kosmischen Maßstäben ist das nur ein kurzer Augenblick. Insofern könnte man die Säulen der Schöpfung ebenso gut „Säulen der Zerstörung“ nennen. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, in press)

(ESO, 30.04.2015 – NPO)

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