Anzeige
Geowissen

Nepal nach dem Erdbeben

Starkbeben forderte über 3.200 Todesopfer, Weltkulturerbe zerstört

Intensität des Erdbebens vom 25.April 2015 in Neopal. Die orange-Töne entsprechen einer Intensität der Stufe VII-VIII. © USGS

Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben in Nepal ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 3.200 gestiegen. Noch immer erschüttern Nachbeben die Region, in Kathmandu haben viele Menschen auch diese Nacht im Freien verbracht. Inzwischen sind die ersten Helfer internationaler Hilfsorganisationen nach Nepal unterwegs. Erdrutsche und starke Regenfälle erschweren jedoch die Rettungs- und Hilfseinsätze vor Ort.

Das Erdbeben vom 25. April 2015 ist das stärkste seit gut 80 Jahren. Mit einer Magnitude von 7,8 verursachten die Erdstöße noch in den Nachbarländern Indien, China und Bangladesch Schäden und töteten fast hundert Menschen. In Kathmandu wurden bisher mehr als 3.200 Tote geborgen, 6.500 Menschen sind verletzt. Im Himalaya lösten die Erschütterungen Lawinen aus, die allein am Mount Everest 17 Menschen im Basislager töteten. Rund hundert Bergsteiger sind durch die Schneemassen noch immer vom Basislager abgeschnitten, Hubschrauber sollen nun versuchen, sie zu retten.

Drei Meter nach Süden gerückt

Nepal liegt ebenso wie Tibet auf der Plattengrenze zwischen dem Indischen Subkontinent und Eurasien. Durch seine stetige Nordwärtswanderung von rund 45 Millimeter pro Jahr hat sich die Indische Platte weit unter die Eurasische Platte geschoben. Der Druck hat zahlreiche Verwerfungen und tektonische Störungen im Untergrund verursacht und sorgt bis heute dafür, dass sich der Himalaya weiterhin stetig anhebt.

Wie der US Geologcal Survey mitteilt, lag das Epizentrum des Hauptbebens der Magnitude 7,8 rund 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu und damit in der Hauptstörungszone dieser Plattengrenze. Innerhalb von nur einer bis zwei Minuten riss der Untergrund auf 120 Kilometern Länge auf und schnellte in eine neue Position.

Das Hauptbeben (blau) und die Nachbbeben der letzten Tage in Nepal © USGS

„Das Erdbeben verschob die gesamte Stadt um drei Meter nach Süden“, erklärt der Geologe Roger Bilham von der University of Colorado in der New York Times. Der Forscher hatte erst vor kurzem auf einer Tagung der Seismological Society of America gewarnt, dass auch in Teilen des Himalaya und Indiens Beben einer historisch unterreichten Stärke drohen könnten – gerade weil dort seit Jahrhunderten kein stärkeres Beben mehr aufgetreten sei.

Anzeige

Weicher Untergrund verstärkte Erschütterungen

Im letzten Jahrhundert gab es im Umkreis von 250 Kilometern um das jetzige Epizentrum nur vier schwere Erdbeben, wie die Seismologen berichten. Das stärkste war ein Erdbeben der Magnitude 8.0 im Jahr 1934, das ebenfalls Kathmandu traf und mehr als 10.000 Todesopfer forderte. Das jetzige Beben hatte zwar eine etwas geringere Magnitude, führte aber zu stärkeren Erschütterungen an der Oberfläche, weil der Bebenherd weniger tief lag als damals, wie Seismologen berichten.

Ein weiterer Grund für die verheerenden Auswirkungen: Kathmandu liegt auf dem Grund eines ausgetrockneten Sees und damit auf weichem Sediment. Für die ankommenden Oberflächenwellen des Bebens wirkte der Untergrund damit wie ein Resonanzboden und verstärkte die Erschütterungen um ein Mehrfaches – der Untergrund wackelt wie Pudding in einer Schüssel. Seit dem Hauptbeben hat es bereits zahlreiche schwere Nachbeben gegeben. Wie Seismologen berichten, könnte es sogar noch Monate dauern, bis der Untergrund wieder zur Ruhe kommt.

Internationale Hilfe läuft an

Für die Menschen in Nepal sind die Folgen schon jetzt verheerend. „Wir haben kaum Strom, und auch das Wasser wird knapp“, berichtet Santosh Sharma, Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation CARE in Kathmandu. „Die Menschen teilen jetzt das Wenige, das sie haben, aber lange werden die Nahrungsmittel und das Wasser nicht mehr ausreichen.“ Das Erdbeben hat die Infrastruktur der Region weitgehend lahmgelegt, Trinkwasser wird von Lastwagen aus verteilt, die Nahrung wird knapp. Die vom Erdbeben ausgelösten Erdrutsche haben viele Straßen versperrt, so dass einige betroffenen Gebiete nicht erreichbar sind.

„Das Ausmaß der Katastrophe ist bisher noch kaum abzusehen, aber wir müssen davon ausgehen, dass Hilfe in sehr großem Umfang vonnöten sein wird“, so Sharma. Inzwischen ist die internationale Hilfe angelaufen, aus den Nachbarländern China, Indien und Pakistan sind Hilfstrupps unterwegs, aber auch aus Europa, den USA und Israel. Auch das Technische Hilfswerk (THW) ist bereits mit Spezialgerät für die Trinkwasseraufbereitung nach Nepal unterwegs.

Weltkulturerbe Dharahara-Turm in Kathmandu vor seiner Zerstörung © calflier001 / CC-by-sa 2.0

Weltkulturerbe in Trümmern

Das Erdbeben in Nepal hat nicht nur die Stadt Kathmandu und viele umliegende Ortschaften in Trümmer gelegt, auch einige weltweit einmalige Kulturstätten wurden zerstört. Am Durbar-Platz im Zentrum von Kathmandu ist ein Tempelkomplex eingestürzt, der als UNESCO-Weltkulturerbe galt. Sechs weitere Welterbestätten in der Stadt und in ihrer Umgebung sind wahrscheinlich stark beschädigt oder ganz zerstört.

Auch der Dharahara-Turm, ein neunstöckiger Tempelturm in Kathmandu, ist eingestürzt. Von dem 1832 ursprünglich für die Königin von Nepal erbauten Turm ist nach Aussagen von Augenzeugen nur noch ein Haufen Ziegel übrig. Wahrscheinlich fanden rund 200 Touristen den Tod, die den Turm und den an seiner Spitze stehenden Hindutempel besichtigt hatten.

(, 27.04.2015 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Tibet - Unruheherd auf dem "Dach der Welt"

Erdbeben - Vorhersagbar oder aus heiterem Himmel?

News des Tages

Mittelmeer

Umgekippte Erdplatte im Mittelmeer entdeckt

Wie Urzeit-Mikroben Wasserstoff spalteten

Neue Hoffnung für Voyager 1

Bücher zum Thema

Im Fokus: Geowissen - Wie funktioniert unser Planet? Von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Landschaftsformen - Unsere Erde im Wandel - den gestaltenden Kräften auf der Spur von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Im Zentrum der Katastrophe - Was es wirklich bedeutet, vor Ort zu helfen von Richard Munz

Naturkatastrophen - Wirbelstürme, Beben, Vulkanausbrüche von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Top-Clicks der Woche