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Physik

Himmlischer “Fingerabdruck” erklärt

Physiker entwickeln mathematisches Modell für Polarisations-Muster des Sonnenlichts

Sonnenlicht am Himmel © IMSI MasterClips

Eine Gruppe von Physikern hat jetzt erstmals eine elegante und kompakte Erklärung für eines der faszinierendsten Phänomene des Himmels gefunden: Die rätselhafte Muster des Lichtes, wenn es durch eine Polarisationslinse betrachtet wird. Welche Muster wann auftreten, haben die Forscher jetzt erfolgreich vorhergesagt.

Wird der blaue Himmel durch polarisierende Linsen, beispielsweise in einer Sonnenbrille oder aber einer Vorsatzlinse für die Fotografie betrachtet, scheint sich die Helligkeit des Himmels zu verändern, wenn die Linse gedreht wird. Der Polarisationsfilter lässt nur Licht hindurch, dass in eine bestimmte Richtung schwingt und filtert alle anderen heraus. Da die auf die Erde treffenden Sonnenstrahlen nicht gleichmäßig in alle Richtungen schwingen, werden je nach Drehung des Filters unterschiedlich große Mengenanteile durchgelassen. Kartiert man die jeweiligen Mengenanteile bei den unterschiedlichen Ausrichtungen der Linse, entstehen Muster am Himmel, die einem Fingerabdruck ähneln. An ihnen orientieren sich beispielsweise Zugvögel und fliegende Insekten.

Singularitäten am Himmel

Doch eine Besonderheit gab den Wissenschaftlern schon seit langem Rätsel auf: Es gibt zwei Punkte in Sonnenähe, die sich nicht verändern, egal wie der Polfilter gedreht wird – das Licht an diesen Stellen des Himmels ist nicht polarisiert. Obwohl diese so genannten Singularitäten seit zwei Jahrhunderten erforscht werden, ist es bisher nicht gelungen, ihr Verhalten zu modellieren.

Schon im Jahr 1871 verfasste der britische Gelehrte Lord Rayleigh eine erste Erklärung der Polarisationsmuster am Himmel. Er nutzte dabei so genannte elliptische Integrale – eine aus der Geometrie abgeleitete mathematische Vorgehensweise. In seine Fußstapfen sind nun die beiden Physiker Michael Berry von der Universität von Bristol und Raymond Lee von der US Naval Academy getreten. “Wir fragten uns: Was wäre wenn wir mit den Singularitäten starteten und daraus die einfachste mathematische Beschreibung der Polarisation entwickeln, die für diese beiden Punkte noch stimmt?“, erklärt Berry.

Übereinstimmung mit Wirklichkeit

Die Forscher griffen auf das geometrische Prinzip von Lord Rayleigh zurück und konnten erfolgreich eine einfache Gleichung entwickeln, die die Muster des Himmels abzudecken schien. Doch stimmte das Modell auch mit Realität überein? Um ihre Theorie zu testen, nahm Raymond Lee vier verschiedene polarisierte Fotos des klaren Himmels mit einer speziellen Digitalkamera auf und verglich die in der Aufnahme auftretenden Muster mit den von ihrem Modell vorhergesagten. Modell und Wirklichkeit stimmten gut überein. Für die Forscher ist dies ein Zeichen, dass die Anordnung der Singularitäten den Schlüssel zu einem Gesamtmodell des „himmlischen Fingerabdrucks“ bilden könnte.

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Gleichzeitig bestätigt dies auch die Ansicht vieler Wissenschaftler und Mathematiker, dass einfache, kompakte Erklärungen von natürlichen Phänomenen der Wahrheit oft näher kommen als komplexe. Eine Einstellung, die schon Einstein teilte. „Einen Sinn für Schönheit und Ästhetik ist ein wichtiger Teil des Wissenschaftler-Seins“, erklärt Professor Marcus du Sautoy, Mathematiker an der Universität Oxford. „Die Natur scheint ein Anhänger der Theorie von Occam’s Rasiermesser zu sein: Gibt man ihr die Wahl zwischen etwas Unordentlichem und einer schönen Lösung, wählt die Natur unfehlbar immer die Schönheit.“

(University of Bristol, 10.11.2004 – NPO)

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