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Sonnensystem

Rosetta: Kometenkern ist unmagnetisch

Messungen liefern wertvollen Einblick in Magnetisierung der Urwolke

Landeeinheit Philae auf der Oberfläche des Kometen Churyumov-Gerasimenko © ESA/ATG medialab

Messungen der Kometensonde Rosetta und ihrer Landeeinheit Philae zeigen, dass der Kern von 67P/Churyumov-Gerasimenko nicht magnetisiert ist. Daraus ergeben sich wichtige Erkenntnisse über die Entstehung unseres Sonnensystems: Wahrscheinlich haben Magnetfelder keine Rolle bei der Bildung des Kometen gespielt, schreiben die Wissenschaftler im Journal „Science“.

Erkenntnisse über die magnetischen Eigenschaften der Planeten und anderer Körper im Sonnensystem lassen weitreichende Schlüsse über die Rolle magnetischer Felder bei der Entstehung des Sonnensystems zu. Dieses war vor 4,6 Milliarden Jahren nichts weiter als eine scheibenförmige Wolke aus Gas und Staub. Innerhalb von ein paar Millionen Jahren bildete sich die Sonne im Mittelpunkt dieser Wolke, die restliche Materie formte Asteroiden, Kometen, Monde und Planeten.

Bick in die Kinderstube des Sonnensystems

Dieser Staub enthielt einen beträchtlichen Anteil Eisen, zum Teil in Form der stark magnetischen Sauerstoffverbindung Magnetit. Das zumindest schließen Forscher aus der Entdeckung von magnetischem Material in einigen Meteoriten. Man nimmt deshalb an, dass Magnetfelder die protoplanetare Scheibe durchzogen, und eine wichtige Rolle bei der Aggregation der Materie in größere Brocken spielten. Ob diese Brocken dann jedoch ihre Magnetisierung behielten oder nicht, war bisher unklar.

Kometen sind Speicher der ursprünglichsten Materie unseres Sonnensystems und damit ideal, um diese Frage zu klären. Bisher jedoch kamen Sonden den Kometenkernen nie nahe genug, um die Magnetisierung messen zu können – bis jetzt. Denn die ESA-Sonde Rosetta und ihre Landesonde Philae ermöglichten nun zum ersten Mal eine genaue Untersuchung der magnetischen Eigenschaften des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko.

Holprige Landung ein wissenschaftlicher Glücksfall

Philaes holprige Landung auf dem Kometen stellte sich dabei sogar als wissenschaftlicher Glücksfall heraus. „Der ungeplante Flug über die Kometenoberfläche erlaubte uns präzise Magnetfeldmessungen an den vier Aufschlagorten und in verschiedenen Abständen von der Oberfläche“ erläutert Erstautor Hans-Ulrich Auster von der Technischen Universität Braunschweig, Leiter des ROMAP Lander-Magnetometerteams.

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Mit dem ROMAP-Instrument gemessene Magnetdaten halfen auch bei der Rekonstruktion von Philaes Flugbahn und seinen Hüpfern über die Oberfläche des Kometen. © ESA / Auster et al. // ESA/Rosetta/MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Während Philaes Landung befand sich Rosetta etwa 17 Kilometer über der Kometenoberfläche, und konnte ergänzende Magnetfeldmessungen liefern, die lokale magnetische Anomalien in den Oberflächenmaterial des Kometen ausschließen. Wenn große Stücke des Oberflächenmaterials von 67P/Churyumov-Gerasimenko magnetisiert wären, dann hätte ROMAP zusätzliche Signalabweichungen bei Philaes Überflug erfasst.

„Ein bemerkenswert unmagnetisches Objekt“

Es zeigte sich, dass die Stärke des Magnetfeldes unabhängig von Ort und Flughöhe von Philae war. „Für eine magnetisierte Oberfläche würden wir eine eindeutige Zunahme des Magnetfeldes in Oberflächennähe erwarten“ erklärt Auster. „Aber dies war für keinen der Messorte der Fall. Wir müssen also schließen, dass der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko ein bemerkenswert unmagnetisches Objekt ist.“

Diese Ergebnisse sind nicht vereinbar mit einem vom Kometenkern generierten Magnetfeld, wie die Forscher erklären. Dessen Beiträge zum Feld liegen nach den Messungen der Braunschweiger Wissenschaftler deutlich unter zwei Nanotesla, also bei etwa einem Fünfzigtausendstel des Erdmagnetfeldes.

Gleich für Orbit und Oberfläche

Stattdessen ließ das gemessene Magnetfeld auf eine externe Quelle schließen, wie das durch den Sonnenwind beeinflusste interplanetare Magnetfeld. Ingo Richter von der TU Braunschweig, Instrument-Manager des Orbiter-Magnetometers RPC-MAG, verweist auf die bemerkenswerte Übereinstimmung der Messungen für Orbit und Oberfläche.

Was dies genau bedeutet erklärt Karl-Heinz Glaßmeier von der TU Braunschweig: „Die von uns festgestellte äußerst geringe Magnetisierung des kometaren Materials lässt nun den Schluss zu, dass Magnetfelder in der Region, in der dieser Komet entstanden ist, keine Rolle für das Zusammenbacken Dezimeter großer Brocken gespielt hat.“ (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa5102 )

(TU Braunschweig / ESA, 15.04.2015 – RPA)

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