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Geowissen

Japan-Tsunami wirkte auch aufs Klima

Zerstörungen setzten tausende Tonnen ozon- und klimaschädlicher Gase frei

Die japanische Hafenstadt Sendai nach dem Tsunami vom 11. März 2011 © US Navy

Unerkannte Nebenwirkung: Erdbeben und Tsunami vom 11. März 2011 in Japan haben auch ihre Spuren in der Atmosphäre hinterlassen. Denn durch die schweren Zerstörungen wurden auch tausende Tonnen ozonzerstörender und klimaschädlicher Halogenverbindungen frei. Dies verursachte einen klar erkennbaren Anstieg der Emissionen und wirkte sich auch auf Ozonschicht und Klima aus, wie Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ berichten.

Das Tohoku-Erdbeben vom 11. März 2011 vor Japan und der dadurch ausgelöste Tsunami sind bis heute ein der schlimmsten Katastrophen, die Japan jemals getroffen haben: Knapp 19.000 Menschen starben, 470.000 Menschen mussten ihre Häuser und Ortschaften verlassen und 375.000 Gebäude wurden zerstört. Die durch den Tsunami ausgelöste Atomkatastrophe im Kraftwerk Fukushima Daiichi ist bis heute nur bedingt unter Kontrolle.

Emissions-Peak von ozonschädlichen Gasen

Aber die Naturkatastrophe hatte noch eine weitere, bisher unerkannte Folge, wie Takuya Saito vom National Institute for Environmental Studies in Tsukuba und seine Kollegen festgestellt haben: Die Zerstörung von hunderttausenden von Gebäuden setzte große Mengen von ozonzerstörenden und klimaschädlichen Halogenverbindungen frei. „Die Emissionen von Halogenkohlenstoffen stiegen nach dem Erdbeben dramatisch an und die Jahreswerte waren 2011 höher als in allen anderen Jahren, “ so die Forscher.

6.600 Tonnen von Chlor-, Fluor- und Bromverbindungen wurden in den Monaten nach dem Tsunami aus zerstörten Bauwerken, technischen Geräten und Industrieanlagen freigesetzt, wie die Forscher anhand von Messwerten und Modellen ermittelten. Unter den Gasen sind Chlorfluorkohlenstoffe wie CFC-11, eine bereits seit 1996 verbotene ozonschädigende Verbindung, die vor allem aus alten Schaumstoffen und Isoliermaterial freigesetzt wurde. Zerstörte Kühlschränke und Klimaanlagen gaben nach der Katastrophe vermehrt das ebenfalls ozonzerstörende Hydrochlorofluorkarbon (HCFC-22) ab. Die Emissionen beider Gase stiegen nach dem Erdbeben um 72 beziehungsweise 38 Prozent an.

Aus zerstörten Gebäuden und Geräten wurden vermehrt Treibgase freigesetzt, hier Zerstörungen in Ofunato. © US Navy

Klimawirkung messbar

Aber auch klimaschädliche Gase wurden vermehrt freigesetzt, wie die Forscher berichten: Die sechs am meisten freigesetzten Halogenverbindungen entsprechen in ihrer Treibhauswirkung gut 19 Millionen Tonnen Kohlendioxid – das entspricht rund zehn Prozent der gesamten Jahresemissionen von Japans Verkehrsmitteln, so Saito und seine Kollegen.

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Den Effekt dieser zusätzlichen Emissionen haben die Forscher ebenfalls ermittelt. Ihre Berechnungen nach erhöhten die nach dem Erdbeben freigesetzten Halogenverbindungen den japanischen Anteil am Ozonverlust um 38 Prozent und den am Klimawandel um 36 Prozent. Wie die Forscher betonen, ist der Anteil dieser Emissionen global gemessen mit vier Prozent zwar gering, aber wenn mehrere Katastrophen zusammenkommen, könne sich das durchaus summieren.

Hinzu kommt: Bisher wurden Emissionen als Folge von Naturkatastrophen nicht berücksichtigt. Dadurch aber könnte die tatsächlichen Gehalte von ozonzerstörenden und klimaschädlichen Gasen in der Atmosphäre gerade in Jahren mit mehreren größeren Katastrophen deutlich unterschätzt werden, meinen die Forscher. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1130/B31225.1)

(American Geophysical Union, 30.03.2015 – NPO)

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