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Umwelt

Wie gefährlich ist das Pestizid Thiacloprid?

Streit um Gefahr für Bienen durch den Wirkstoff geht vor Gericht

Honigbienen bei der Arbeit: Pestizide bedrohen Bienenvölker auf der ganzen Welt. © freeimages

Gefährlich für Bienen oder nicht? Die Umweltschutzorganisation BUND und der Chemiekonzern Bayer streiten um den Status eines Pflanzenschutzmittels. Der strittige Wirkstoff ist offiziell als „bienenungefährlich“ zugelassen, Pestizide aus derselben Stoffklasse gelten aber als mitverantwortlich für das weltweite Bienensterben. Der Streit um die Bienensicherheit geht nun vor Gericht.

Seit Jahren gehen weltweit immer mehr Bienenvölker zugrunde – Wissenschaftler und Imker sprechen bereits von einem Bienensterben. Betroffen sind nicht nur die von Imkern gehaltenen Honigbienen, sondern auch wilde Bienenvölker. Für die Landwirtschaft sind die staatenbildenden Insekten aber extrem wichtig: Sie sind mit Abstand die fleißigsten Bestäuber von Pflanzen. Ohne Bienen wären Obst und Gemüse plötzlich sehr knapp.

Wirkstoffe rauben Bienen die Orientierung

Die Ursachen waren lange rätselhaft. Als einer der Hauptgründe für das Bienensterben gilt aber mittlerweile der großflächige Einsatz von Pestiziden. Eine Gruppe von Wirkstoffen steht dabei besonders in der Kritik: die Neonicotinoide. Diese Mittel werden häufig gegen Blattläuse und andere Schadinsekten eingesetzt, galten in den verwendeten Mengen jedoch lange für Bienen als ungefährlich.

Neuere Studien zeigen allerdings, dass Neonicotinoide das Orientierungsvermögen der Bienen stark beeinträchtigen. Dadurch finden futtersuchende Bienen oft nicht zum Stock zurück, oder können ihren Kolleginnen die Lage einer Futterquelle nicht mehr mit dem üblichen Tanzverhalten beschreiben. Dies kann schließlich das ganze Bienenvolk bedrohen. Im Jahr 2013 hat die EU-Kommission bereits ein Teilverbot für drei Neonicotinoide erlassen.

Großflächiger Einsatz von Pestiziden ist eine Gefahr für viele Bienenvölker. © USDA

Thiacloprid: „Bienenungefährlich B4“

Um ein Neonicotinoid dreht es sich auch nun beim Streit zwischen der Umweltschutzorganisation BUND und dem Chemiekonzern Bayer. Der BUND hatte im Dezember 2014 in einer Infobroschüre zwei Produkte des Pestizidherstellers Bayer CropScience wegen des enthaltenen Wirkstoffes Thiacloprid als gefährlich für Bienen bezeichnet. Thiacloprid ist jedoch vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als „bienenungefährlich B4“ zugelassen. Bayer CropScience erwirkte daher in einer einstweiligen Verfügung, dass der BUND die kritisierten Produkte „Schädlingsfrei Calypso“ und „Zierpflanzenspray Lizetan“ nicht mehr als gefährlich für Bienen bezeichnen darf, ohne dabei auch auf diese gesetzliche Zulassung hinzuweisen.

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Der BUND beruft sich auf eine wissenschaftliche Studie vom März 2014, der zufolge auch Thiacloprid die Kommunikation, Navigation und Pollensammeltätigkeit der Honigbienen beeinträchtigt. Diese Ergebnisse müssten bei Bayer Cropscience bekannt sein, würden aber vom Unternehmen ignoriert, so die Umweltschützer.

Bienenschutz verdient oberste Priorität

Besonders erzürnt sie darum, wie der Hersteller die strittigen Pestizide bewirbt: „Trotz der Erkenntnisse über die Bienenschädlichkeit von Thiacloprid druckt Bayer auf seine Produkte Schädlingsfrei Calypso und Lizetan Zierpflanzenspray ein Logo mit der Benennung ’nicht bienengefährlich‘, was auch der behördlichen Einstufung entspricht“, sagt die BUND-Chemieexpertin Patricia Cameron. „Auf keinem Produkt darf ’nicht bienengefährlich‘ draufstehen, wenn auch nur der Verdacht einer Bienengefährlichkeit besteht.“ Bienen seien die wichtigsten Nutzinsekten der Welt, ihr Schutz verdiene oberste Priorität.

Dieses Logo bezeichnete der BUND darum in seiner Broschüre als Verbrauchertäuschung, und will auch in Zukunft vor der Gefahr für Bienen durch Neonicotinoide warnen. „Fakt ist, die in Pestiziden enthaltenen Neonikotinoide stehen im dringenden Verdacht, das weltweite Bienensterben mit zu verursachen“, sagt Hubert Weiger vom BUND. Er verlangt auch eine neue Regelung für das zugelassene Thiacloprid: „Wir fordern das zuständige Bundesamt auf, Thiacloprid umgehend vom Markt zu nehmen.“ Aus diesem Grund legte der BUND Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein – über den Ausgang wird am 23. Februar vor Gericht verhandelt, ein Urteil ist für den 11. März angekündigt.

Zum besseren Schutz der Bienen und gegen den Einsatz von Pestiziden hat Greenpeace vor einiger Zeit ebenfalls eine Kampagne gestartet. Im zugehörigen Video werden die Bienen selbst zu „Greenbees“-Aktivisten:

Greenbees – Give bees a chance© Greenpeace

(BUND, 20.02.2015 – AKR)

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