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Neurobiologie

Fingerlänge verrät, wie sich Männer benehmen

Hormone im Mutterleib beeinflussen Fingerlänge und Verhalten im Erwachsenenalter

Die Fingerlänge ist entscheidend: Das Verhältnis zwischen Zeige- und Ringfinger hängt von Hormonen ab - genau wie das Verhalten. © freeimages

Kurzer Zeigefinger, langer Ringfinger? Männer sind Frauen gegenüber netter und aufmerksamer, wenn dieser Unterschied besonders ausgeprägt ist, wie kanadische Forscher herausgefunden haben. Hinter diesem überraschenden Zusammenhang stecken Hormone: Sie sind sowohl für die Fingerlänge als auch für das Verhalten verantwortlich. Dies könnte auch der Grund für harmonischere und kinderreichere Beziehungen solcher Männer sein.

Männer und Frauen unterscheiden sich schon an den Händen: Bei Männern sind meistens die Ringfinger deutlich länger als die Zeigefinger. Diese unterschiedliche Fingerlänge ist bei Frauen wesentlich weniger ausgeprägt. Schon länger ist bekannt, dass Hormone diesen Unterschied bereits vor der Geburt prägen. Vor wichtig ist offenbar das männliche Geschlechtshormon Testosteron, aber auch die sogenannten Umwelthormone könnten eine Rolle spielen. Da vom Hormonspiegel auch viele andere Eigenschaften abhängen, erlaubt das Verhältnis von Zeige- zu Ringfinger Rückschlüsse auf diese Eigenschaften – von Sexualität bis Sportlichkeit.

Umgänglich oder streitsuchend?

„Es ist faszinierend zu sehen, wie leichte Schwankungen der Hormone vor der Geburt tatsächlich das Verhalten im Erwachsenenalter beeinflussen“, sagt Simon Young von der McGill University in Montreal. Young und seine Kollegen haben nun ein weiteres Beispiel für diesen Einfluss entdeckt: Sie untersuchten, wie sich Männer mit unterschiedlichem Fingerlängen-Verhältnis gegenüber Frauen verhalten.

Dazu ließen sie 155 Studienteilnehmer 20 Tage lang genau Buch über ihre sozialen Begegnungen führen. Für jeden Kontakt und jedes Gespräch von mehr als fünf Minuten markierten die Teilnehmer in einem Formular diejenigen Verhaltensweisen, die sie dabei gezeigt hatten. Die Wissenschaftler unterteilten diese Verhaltensweisen in zwei Kategorien, die sie überspitzt als „umgänglich“ und „streitsuchend“ zusammenfassten.

Außerdem maßen sie das sogenannte 2D:4D-Verhältnis, also die Länge des Zeigefingers geteilt durch die des Ringfingers. Je kleiner dieses Verhältnis ist, umso ausgeprägter ist der Unterschied der Fingerlänge, und umso höher war der Testosteronwert vor der Geburt.

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Mehr Aufmerksamkeit und mehr Komplimente

Das Ergebnis: Männer mit kleinem 2D:4D-Verhältnis neigten eher dazu, sich wie ein Gentleman zu benehmen. Sie zeigten rund ein Drittel mehr umgängliches Verhalten und ein Drittel weniger aus der „streitsuchend“-Kategorie als Männer mit einem höheren Wert. „Sie hörten Frauen gegenüber häufiger aufmerksam zu, lächelten oder lachten mehr, gingen häufiger Kompromisse ein und machten mehr Komplimente“, berichtet Erstautorin Debbie Moskowitz von der McGill University.

Die Männer verhielten sich nicht nur ihren Partnerinnen gegenüber so, sondern auch Kolleginnen und Freundinnen. Anderen Männern gegenüber legten sie dagegen ein konfliktfreudigeres Verhalten an den Tag. Überraschenderweise fanden die Forscher jedoch kein grundsätzlich stärker ausgeprägtes Dominanz- oder Wettbewerbsverhalten, das ebenfalls oft mit einem hohen Testosteronwert zusammenhängt.

Mehr Kinder aus harmonischeren Beziehungen

Bei Männern mit einem geringeren Unterschied zwischen den beiden Fingern trat dieser Unterschied nicht auf: Sie verhielten sich im Schnitt Männern und Frauen gegenüber gleichermaßen streitsuchend. Bei den an der Studie teilnehmenden Frauen zeigte sich dagegen überhaupt kein Zusammenhang zwischen Fingerlängen und Verhalten.

Bereits in einer früheren Studie hatten Forscher herausgefunden, dass Männer mit einem kleinen 2D:4D-Verhältnis im Durchschnitt mehr Kinder haben. Die neuen Ergebnisse könnten einen Grund dafür zeigen: „Unsere Arbeit deutet darauf hin, dass sie eine harmonischere Beziehung mit Frauen aufbauen,“ sagt Moskowitz. „Das könnte erklären, warum sie mehr Kinder haben.“ (Personality and Individual Differences, 2015; doi: 10.1016/j.paid.2014.11.008)

(McGill University, 19.02.2015 – AKR)

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