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Geowissen

Manganknollen statt Tiefseetiere

Forscher finden überraschend großes Manganknollenfeld im Atlantik

Bis zu 10 Millionen Jahre alt sind die Manganknollen, die die Forscher überraschend im Atlantik entdeckt haben. © Thomas Walter

Überraschung in der Tiefsee: Deutsche Forscher haben unerwartet große und zahlreiche Manganknollen im Atlantik entdeckt. Eigentlich waren sie auf der Suche nach Tiefseetieren. Doch der stattdessen gemachte Zufallsfund könnte alle bisher im Atlantik bekannten Manganknollenfelder in den Schatten stellen. Die ökologische Bedeutung und ein möglicher Abbau der rohstoffreichen Knollen soll noch in diesem Jahr weiter erforscht werden.

Manganknollen sind kugel- oder blumenkohlförmige Erzklumpen, die meist in Tiefen unterhalb von 4.000 Metern auf den großen Tiefseeebenen liegen. Sie bestehen nicht nur aus dem namengebenden Mangan, sondern enthalten auch Eisen sowie begehrte Metalle wie Kupfer, Cobalt oder Zink. Die Knollen kommen in allen Meeren vor, die größten Vorkommen liegen jedoch auf dem Grund des Pazifik.

Bis zu kegelkugelgroße Manganknollen

Im tropischen Atlantik erlebten die Forscher um Colin Devey vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel darum eine Überraschung: Der sogenannte Epibenthosschlitten des Forschungsschiffes SONNE, der eigentlich Proben von Meerestieren vom Grund herauf holen sollte, schien sich verhakt zu haben. Als er sich schließlich wieder an Bord befand, waren die Sammelnetze statt mit Tiefseeorganismen angefüllt mit Manganknollen. „Das hatten wir an dieser Stelle so nicht erwartet“, sagt Geologe Devey.

Die gefundenen Erzknollen sind sehr gleichmäßig geformt und reichen von Golfball- bis Kegelkugel-Größe. Mit Wachstumsraten zwischen einem und fünf Millimetern in einer Million Jahre könnten einige der Knollen über zehn Millionen Jahre alt sein. Fotos zeigen, dass die Knollen in dem untersuchten Bereich dicht an dicht auf dem Boden des Atlantiks liegen. „Knollen dieser Größe und in dieser Dichte sind aus dem Atlantik bisher nicht bekannt“, beschreibt Devey.

Wirtschaftlich und wissenschaftlich interessant

Manganknollen sind bereits seit den 1970er Jahren als mögliche Rohstoffquelle im Gespräch. Da sie jedoch nur in so großer Tiefe vorkommen, macht der technische Aufwand einen kommerziellen Abbau bislang unwirtschaftlich. Bei einer eventuellen Förderung entstehende Umweltschäden sprechen ebenfalls gegen den Abbau.

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Gleichzeitig sind Manganknollen wissenschaftlich hochinteressant, weil sie als Klima- und Umweltarchiv dienen können. Ähnlich wie eine Perle wachsen die Knollen schalenförmig um einen Kern herum. Dabei schließen sie viele Informationen über die jeweils herrschenden Umweltbedingungen ein. Da Manganknollen sehr langsam wachsen, ermöglichen sie mit entsprechend feinen Analysemethoden eine sehr weit in die Erdgeschichte zurück reichende Umweltrekonstruktion.

Meeresböden der Tiefsee sind nur wenig bekannt

Obwohl Meerestiere in dem eingeholten Fang fehlten, waren auch die Biologen der Expedition begeistert: „Diese Entdeckung zeigt uns, wie wenig wir die Meeresböden der Tiefsee kennen und wie viele spannende Erkenntnisse noch auf uns warten“, sagt Angelika Brandt vom Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg.

Sie hält für möglich, dass Lebewesen in unmittelbarer Umgebung der Knollen keine guten Lebensbedingungen vorfinden. Ein weiterer Einsatz des Forschungsschlittens an einer anderen Stelle entschädigte die Forscher außerdem. Dabei lagen keine Manganknollen vor, sondern eine dickere Sedimentschicht über einer durchgehenden Mangankruste. „Hier waren im Netzbecher schon viele Organismen mit dem bloßen Auge zu sehen und wir freuen uns bereits jetzt auf die Auswertung dieser Probe“, sagt Brandt.

Die aktuelle Expedition der SONNE wird voraussichtlich am 26. Januar in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik enden. Es sind für dieses Jahr jedoch noch mehrere Ausfahrten zu Manganknollenfeldern im Pazifik geplant. Dabei wollen die Wissenschaftler unter anderem erforschen, welche Rolle die Manganknollen für die Ökosysteme am Meeresboden spielen und welche Umweltrisiken mit einem möglichen Abbau der Knollen verbunden sind.

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 15.01.2015 – AKR)

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