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Neurobiologie

Säuglinge müssen Gelerntes überschlafen

Schlaf nach dem Lernen ist wichtig für das Langzeitgedächtnis von Kleinkindern

Gesunder Schlaf ist entscheidend für das Abspeichern von Erinnerungen, besonders bei Kleinkindern. © Flickr: rachel CALAMUSA / (CC BY-SA 2.0)

Schlaf festigt Erinnerungen – und zwar nicht nur bei Erwachsenen, sondern schon bei Kleinkindern im ersten Lebensjahr. Säuglinge können sich nur nach einem anschließenden Nickerchen an gelernte Dinge erinnern, wie Wissenschaftlerinnen im Experiment festgestellt haben. Für das Langzeitgedächtnis ist Schlaf nach dem Lernen offenbar von entscheidender Bedeutung, schlussfolgern sie im Magazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Was genau geschieht, wenn wir schlafen, ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Gesunder Schlaf ist jedoch lebenswichtig: Während der Schlafphasen erholt und regeneriert sich der Körper, Heilungsprozesse etwa laufen schneller ab. Das Gehirn spült währenddessen molekulare Abfallstoffe aus den Zellen – möglicherweise sind es sogar diese Reste des Stoffwechsels, die die Müdigkeit auslösen.

Ohne Schlaf keine Erinnerungen

Wichtig ist der Schlaf auch für das Sortieren und Abspeichern von Erinnerungen und damit für das Lernen: Neue Erkenntnisse gelangen vermutlich erst beim Schlafen vom Arbeits- ins Langzeitgedächtnis. Fast jeder kennt die Folgen, wenn dieser Prozess gestört wird: Schlafentzug führt zu Unaufmerksamkeit und einem drastisch verschlechterten Erinnerungsvermögen.

Bei Kindern, besonders im Säuglingsalter, ist gesunder Schlaf daher eine Voraussetzung in der Entwicklungsphase des Gehirns. Deshalb benötigen Säuglinge auch viel mehr Schlaf als Erwachsene. Schlafmangel hemmt die wichtigen Lernprozesse und kann im Extremfall sogar bleibende Schäden verursachen. Sabine Seehagen von der Ruhr-Universität Bochum und ihre Kolleginnen haben untersucht, wie bei Säuglingen Erinnerungen während des Schlafens gefestigt werden. Dabei konzentrierten sie sich auf sogenannte deklarative Erinnerungen, also Erinnerungen an Fakten und Ereignisse.

Puppentheater vor dem Nickerchen

Insgesamt 216 Säuglinge im Alter von sechs oder zwölf Monaten besuchten die Forscherinnen jeweils zweimal zuhause, entweder im Abstand von vier oder 24 Stunden. Beim ersten Besuch spielten sie den Kindern mit einer Handpuppe bestimmte Handlungen vor. Beim zweiten Besuch beobachteten sie, welche dieser Handlungen das Kind nachahmte, wenn es die Puppe erneut sah. Einige der Säuglinge schliefen innerhalb von vier Stunden nach der ersten Begegnung mit der Puppe für mindestens eine halbe Stunde, andere nicht.

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Anschließend zeigte sich, wie wichtig diese Schlafphase für das Langzeitgedächtnis ist: Nur Kinder, die das Puppentheater „überschlafen“ hatten, erinnerten sich an die vorgespielten Handlungen und imitierten sie. Die Säuglinge, die nicht mindestens für eine halbe Stunde schlummerten, waren dazu nicht in der Lage. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war auch nach 24 Stunden noch deutlich erkennbar. Dies belegt den Forscherinnen zufolge, wie wichtig ausreichender Schlaf nach dem Lernen im ersten Lebensjahr ist. (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.1414000112)

(Ruhr-Universität Bochum, 13.01.2015 – AKR)

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