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Astronomie

Schwarze Löcher kurz vor der Kollision

Ungewöhnliches Lichtsignal eines Quasars deutet auf nie zuvor beobachtetes Ereignis hin

Künstlerische Darstellung eines Systems zweier Schwarzer Löcher im Herzen eines Quasars, zusammen mit dem ungewöhnlichen periodischen Lichtsignal. © Santiago Lombeyda/Caltech Center for Data-Driven Discovery

Zusammenstoß der schwarzen Herzen: Astronomen haben zum ersten Mal ein Signal entdeckt, dass auf die bevorstehende Verschmelzung zweier supermassiver Schwarzer Löcher hindeutet. Ein solches Ereignis ließ sich bislang nur theoretisch beschreiben, und selbst die Theorien stoßen bei Schwarzen Löchern an ihre Grenzen. Die direkte Beobachtung könnte nun völlig neue Erkenntnisse liefern, schreiben die Forscher im Magazin „Nature“.

Im Zentrum vieler funkelnder Galaxien herrscht undurchdringliche Finsternis: Schwarze Löcher mit einer Masse von mehreren Millionen oder gar Milliarden Sonnen befinden sich dort, so auch in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Wenn ganze Galaxien kollidieren und miteinander verschmelzen, so die Theorie, betrifft das auch die schwarzen Herzen in ihrer Mitte – gesehen hat dies allerdings noch niemand, und selbst physikalische Modellrechnungen stoßen an ihre Grenzen.

Astronomisch kurze Entfernung

Schwarze Löcher sind unmöglich direkt zu beobachten, da nicht einmal Licht ihrer enormen Schwerkraft entkommt. Die bizarren Objekte können jedoch umliegendes Gas anziehen und aus einer wirbelnden Akkretionsscheibe aufsaugen. Das Gas wird dabei so schnell und heiß, dass es enorm grell aufleuchtet und Hitze, Röntgen- und Gammastrahlung aussendet. Supermassereiche Schwarze Löcher dieser Art nennt man Quasare: Extrem Leuchtstarke Objekte, die die Sterne ihrer Galaxie überstrahlen und die quer durchs Universum noch sichtbar sind.

Im Licht des Quasars PG 1302-102 haben Astronomen um Matthew Graham vom California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena Signale eines noch nie zuvor beobachteten Ereignisses entdeckt: Zwei supermassereiche Schwarze Löcher stehen dort offenbar kurz vor dem Verschmelzen – astronomisch kurz: Es könnte noch rund eine Million Jahre dauern, bis beide Objekte endgültig zusammenstoßen. Derzeit befinden sie sich noch „wenige Hundertstel eines Lichtjahres“ voneinander entfernt, so die Astronomen. Das ist jedoch geradezu winzig, verglichen mit bisherigen Entdeckungen von Schwarzen Löchern, die noch viele Lichtjahre voneinander entfernt sind und erst in Milliarden Jahren kollidieren.

Ein supermassereiches Schwarzes Loch © NASA/JPL

Schön glatte Kurve statt chaotischem Signal

Ursprünglich war das Team gar nicht auf der Suche nach verschmelzenden Schwarzen Löchern. Stattdessen durchforsteten sie Daten von rund einer Viertelmillion Quasare, um anhand der schwankenden Lichtintensitäten neue Erkenntnisse über die Physik dieser Objekte zu gewinnen. Die Signale von 20 dieser Quasare machten die Forscher aber stutzig: Sie waren nicht chaotisch wie erwartet, sondern schwankten regelmäßig auf und ab. „Man erwartet einfach nicht, ein periodisches Signal von einem Quasar zu sehen“, sagt Graham.

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PG 1302-102 lieferte das beste Beispiel eines solchen Signals: Es ist stark und deutlich ausgeprägt, und es scheint sich etwa alle fünf Jahre zu wiederholen. „Er hat ein wirklich schönes, glattes Auf-und-Ab-Signal, ähnlich einer Sinuskurve,“ beschreibt Graham, „und das hat noch niemand zuvor bei einem Quasar gesehen.“ Die beste Erklärung für diese Art von Lichtkurve ist den Astronomen zufolge, dass sich zwei Schwarze Löcher in sehr geringer Entfernung umkreisen.

Wegen dieser kurzen Distanz der beiden Schwarzen Löcher zueinander erhoffen sich die Forscher Hinweise zum „Problem des letzten Parsec“: Theorien können bislang unmöglich vorhersagen, wie das Ende der Verschmelzung ablaufen wird, was dabei geschieht oder auch nur, wie lange es dauern wird. „Die Endphasen einer Verschmelzung solcher Systeme von Schwarzen Löchern sind kaum verstanden“, sagt Graham. „Aber die Entdeckung eines Systems das in einer so späten Phase der Entwicklung zu sein scheint, lässt uns beobachten, was dort geschieht.“ (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14143)

(Caltech, 09.01.2015 – AKR)

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