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Geowissen

Frischer Sauerstoff für die Ostsee

Messgeräte melden größten Einbruch an sauerstoffhaltigem Wasser seit 60 Jahren

Algenblüte in der Ostsee (Juli 2001). Durch Überdüngung entstehen "Todeszonen" mit extremem Sauerstoffmangel. © SeaWiFS Project, NASA/Goddard Space Flight Center, ORBIMAGE

Hoffnung für die „Todeszonen“? Die Ostsee hat im Dezember den größten Zustrom an Salzwasser aus der Nordsee seit 60 Jahren erhalten – und damit auch frischen Sauerstoff. Ein solcher Einstrom ist für das Ökosystem der Ostsee enorm wichtig, kommt aber nur selten vor. Forscher hoffen, dass sich die großen Sauerstoffmangel-Gebiete am Grund der Ostsee nun etwas erholen können.

Sauerstoff ist am Grund der Ostsee in großen Gebieten Mangelware: Durch den vergleichsweise geringen Salzgehalt des Binnenmeeres bestehen dort sehr stabile Wasserschichten. Dadurch mischt sich das sauerstoffreiche Oberflächenwasser kaum mit dem salzigeren Wasser in der Tiefe. Steigt in den tiefliegenden Becken der Sauerstoffverbrauch, beispielsweise durch Überdüngung, können dort regelrechte Todeszonen entstehen: Der resultierende Sauerstoffmangel ermöglicht dort kaum höheres Leben.

Fast 200 Billionen Liter Salzwasser

Nachschub erhalten diese Zonen nur, wenn durch die schmale und flache Verbindung zur Nordsee sauerstoffhaltiges Salzwasser einströmt. Diese für das Ökosystem wichtigen Einbrüche sind jedoch eher selten. Durch die Überdüngung der letzten Jahrzehnte sind die sauerstoffarmen Zonen daher stark gewachsen. Vom 13. Bis 26. Dezember 2014 aber haben Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) den größten Salzwassereinstrom der letzten 60 Jahre gemessen.

Möglich war dieses Ereignis erst nach langanhaltenden Ostwinden, die zunächst eine große Menge Wasser aus der Ostsee heraus trieben. Am 5. Dezember 2014 drehte der Wind dann in die Gegenrichtung und hielt drei Wochen lang unverändert an. Das zuvor ausgeströmte Wasser wurde durch ein Volumen von fast 200 Billionen Litern Nordseewasser ersetzt, das zunächst durch den Öresund, ein wenig später auch durch den großen und den kleinen Belt in die Ostsee floss. Seit Beginn der ozeanographischen Beobachtungen im Jahr 1880 ist dies der drittgrößte gemessene Salzwassereinbruch in der Ostsee.

Sauerstoff für die Mangelgebiete

Wie sich diese Wassermassen in der Ostsee weiter verbreiten und welchen Effekt sie haben werden, wollen die Forscher in den kommenden Monaten regelmäßig untersuchen. Bereits jetzt wissen sie, dass das einströmende Wasser sehr hoch mit Sauerstoff gesättigt ist. Sie erwarten daher, dass es einen positiven Effekt auf die Mangel-Gebiete im Bornholm- und Gotlandbecken haben wird. Am 12. Januar soll eine Expeditionsfahrt mit dem Forschungsschiff „Elisabeth Mann Borgese“ beginnen, um diesen Effekt vor Ort zu untersuchen. Die Ozeanographen gehen davon aus, dass bis dahin erste Teile des eingeströmten Salzwassers den westlichen Teil des Bornholm-Beckens erreicht haben werden.

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Dass die Wissenschaftler das Ausmaß und den Verlauf des Salzwassereinstroms rechtzeitig vermessen konnten, verdanken sie einem „Frühwarnsystem“: Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) betreibt mit mehreren autonome Messstationen das Umweltmessnetz MARNET. Drei der fünf in der Ostsee postierten Stationen betreut das IOW. Dazu gehört eine Station auf der „Darsser Schwelle“ und eine weitere im Arkona Becken, die am 12. Dezember erste Signale des Einstroms lieferte. Beide Stationen messen rund um die Uhr Temperatur und Salzgehalt in unterschiedlichen Wassertiefen und schicken ihre Daten per Satellit an das IOW und das BSH.

(Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, 08.01.2015 – AKR)

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