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Zoologie

Wachteln erklären Dino-Gang

Körperhaltung der Vögel erfordert mehr Kraft, bringt aber Stabilität

Wachtel in der Hochgeschwindigkeits-Röntgenanlage, die auch die an den Beinen wirkenden Kräfte misst. © Jan-Peter Kasper/FSU

Laufen Wachteln wie Dinosaurier? Ein anhand von Vögeln erstelltes Computermodell könnte auch dabei helfen, den Gang der zweibeinigen Dinosaurier zu enträtseln. Bei Wachteln haben deutsche Wissenschaftler nämlich herausgefunden: Die typische waagerechte Körperhaltung beim Laufen kostet Energie, ist auf schwierigem Gelände aber stabiler, wie die Forscher im Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ erläutern.

Der aufrechte Gang ist keineswegs nur Säugetieren vorbehalten: Neben Menschen und Affen laufen auch Vögel auf zwei Beinen. Im Laufe der Evolution hat sich dieser Gang bei vielen Tieren entwickelt – auch Dinosaurier wie Tyrannosaurus und Allosaurus liefen auf den Hinterbeinen.

Es gibt jedoch große Unterschiede in der Gangart: „Auch Vögel bewegen sich auf zwei Beinen fort, allerdings nutzen sie dafür eine ganz andere Technik als wir Menschen“, sagt Emanuel Andrada von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Während der Mensch beim Gehen den Oberkörper weitgehend senkrecht hält und den Körperschwerpunkt so direkt über den Beinen positioniert, ist der Körper der Vögel waagerecht nach vorn ausgerichtet. Dies erscheint auf den ersten Blick höchst unvorteilhaft, da es einen höheren Kraftaufwand erfordert. Welchen Nutzen ziehen die Vögel also aus dieser Haltung?

Ständiges nach vorn fallen

Gemeinsam mit Kollegen hat Andrada untersucht, wie sich diese Körperorientierung der Vögel beim Laufen auf die Funktionsweise ihrer Beine und die Stabilität beim Gehen auswirkt. Dazu haben die Forscher Wachteln in einer Hochgeschwindigkeits-Röntgenanlage in unterschiedlicher Geschwindigkeit laufen lassen. Während die Anlage die Bewegung der Tiere minutiös aufzeichnete, haben die Forscher zeitgleich die Kräfte gemessen, die bei der Fortbewegung an ihren Beinen wirken. Aus diesen Daten erstellte das Forscherteam schließlich ein Computermodell des Bewegungsablaufs, mit dem sich Stabilität und Energiebilanz bei unterschiedlichen Gangarten simulieren und analysieren lassen.

Emanuel Andrada von der Uni Jena hat untersucht, wie sich die Körperorientierung der Vögel beim Laufen auf die Funktionsweise ihrer Beine und die Stabilität beim Gehen auswirkt. © Jan-Peter Kasper/FSU

Wie sich zeigte, nutzen die Vögel zur schnellen Fortbewegung vorwiegend das sogenannte „grounded running“: Bei diesem Laufstil behält immer mindestens ein Bein Bodenkontakt. Zwischen den einzelnen Schritten kommen auch beim schnellen Gehen nur seltene und kurze Flugphasen vor, so die Forscher. Die waagerechte Körperhaltung dabei ist jedoch sehr energieaufwändig, weil der Körperschwerpunkt der Vögel beim Gehen deutlich vor den Beinen liegt. „Die Tiere müssen den eigenen Körper ständig ausbalancieren, um zu vermeiden, nach vorn zu fallen“, erläutert Studienleiter Reinhard Blickhan von der Uni Jena.

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Kraftakt bringt Stabilität

Doch dieser Kraftakt lohnt sich, wie das Computermodell zeigt: Die Wachteln gewinnen durch die Extra-Energie eine stabilere Haltung. Das Vogelbein arbeitet wie ein Federdämpfer, während die Vögel ständig abbremsen, um nicht nach vorn zu fallen oder beim Gehen permanent zu beschleunigen. Dem Bein wird dabei Energie entzogen. Diese Energie wird jedoch in ein Drehmoment im Hüftgelenk investiert, das den Körper stabilisiert. „Diese scheinbare Energieverschwendung ist der Preis für eine sehr stabile Körperhaltung bei der Fortbewegung, insbesondere auf unebenem Terrain“, fasst Bewegungswissenschaftler Blickhan zusammen.

Diese Ergebnisse machen das Computermodell für die Forscher erst richtig interessant: Sie wollen damit nun auch den Gang anderer Vogelarten und sogar die Fortbewegung von Dinosauriern analysieren – den direkten Vorfahren der heutigen Vögel. „Bislang ist nicht klar, wie sich zweibeinige Vertreter wie Allosaurus oder Tyrannosaurus rex tatsächlich fortbewegt haben“, so Andrada. Man gehe inzwischen aber davon aus, dass auch sie – aufgrund biomechanischer Vorteile – mit weit nach vorn gestrecktem Oberkörper gelaufen sind. (Proceedings of the Royal Society B, 2014; doi: 10.1098/rspb.2014.1405)

(Friedrich-Schiller-Universität Jena, 10.12.2014 – AKR)

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