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Geowissen

Auch im Pazifik tauen die Methanhydrate

Vor der US-Westküste setzt erwärmtes Methanhydrat Millionen Tonnen Methan frei

Sonar-Aufnahme aufsteigender Methanblasen vor der Küste des US-Bundesstaats Washington. Die Blasensäule ist gut 300 Meter hoch. © Brendan Philip / University of Washington

Jetzt auch im Pazifik: Vor der Nordwestküste der USA steigen gewaltige Mengen Methan vom Meeresboden auf. Weil sich das Tiefenwasser hier erwärmt, taut das dort in großen Mengen lagernde Methanhydrat mehr und mehr auf, wie Messungen zeigen. Millionen Tonnen des potenten Treibhausgases gelangen dadurch in Meer und Atmosphäre – Tendenz steigend, wie Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ warnen.

Entlang der Kontinentalhänge Nordamerikas und Eurasiens tickt eine Zeitbombe. Denn in einigen hundert Metern Tiefe lagern dort große Mengen Methanhydrat im Meeresgrund. Erst vor wenigen Monaten hatten US-Forscher entdeckt, dass die Reservoire vor der US-Ostküste wärmer werden und deshalb beginnen, das potente Treibhausgas Methan freizusetzen.

Noch größere Gashydrat-Vorkommen liegen allerdings vor dem pazifischen Nordwesten der USA. Susan Hautala von der University of Washington in Seattle und ihre Kollegen haben den Zustand dieser Reservoire nun untersucht – mit besorgniserregenden Ergebnissen. Im ersten Schritt ermittelten sie die Temperaturentwicklung des Wassers, indem sie Messwerte der letzten mehr als 40 Jahre analysierten.

Erwärmung in der Tiefe

Das Ergebnis enthüllte eine unerwartete Erwärmung des Meerwassers – nicht an der Oberfläche, sondern in rund 500 Metern Tiefe. „Der Trend war deutlich zu erkennen“, sagt Seniorautorin Una Miller von der University of Washington. Ursache für diese Erwärmung ist der Klimawandel, wie die Forscherin erklärt. Dieser heizt das Wasser im Ochotskischen Meer zwischen Russland und Japan auf, wie Messungen schon länger zeigen. Dieses Wasser wird dann von Strömungen bis vor die Küste der USA getrieben und bildet eine Wärmezone unter der Oberfläche.

Mit einem Bohrer untersuchten die Forscher den Zustand des Methanhydrats im Meeresgrund. © Robert Cannata / UW

Für die Methanhydrat-Vorkommen entlang der US-Westküste hat dies Folgen. Denn die Grenze, ab der das Hydrat stabil bleibt, verschiebt sich dadurch nun in größere Tiefe. Alles Methanhydrat, was darüber liegt, taut auf und setzt das Methan frei. Wie die Forscher feststellten hat sich die Grenze vor der Küste von Washington seit 1970 bereits um rund einen Kilometer meerwärts verschoben. Bis 20110, so schätzen sie, könnten weitere ein bis drei Kilometer dazu kommen.

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500 Mal mehr Methan als normal

Die Auswirkungen dieser Destabilisierung zeigen sich schon jetzt: „Unseren Berechnungen nach wird jedes Jahr so viel Methan vor der Küste von Washington freigesetzt wie bei der Deepwater Horizon Ölkatastrophe“, sagt Koautor Evan Solomon von der University of Washington. Von 1970 bis 2013 gasten demnach in dieser Region vier Millionen Tonnen Methan aus – 500 Mal so viel wie normalerweise für den Meeresgrund hier üblich.

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Und es wird mehr: Inzwischen setzt der Meeresboden allein vor der Küste Washingtons bereits 0,4 Millionen Tonnen Methan pro Jahr frei, wie die Forscher berichten. Bis 2100 könnte hier 45 bis 80 Millionen des Treibhausgases ausgasen. Zwar gelangt nur ein Teil dieses Gases auch bis in die Atmosphäre, dort aber entfaltet es eine rund 30 Mal stärkere Treibhauswirkung als Kohlendioxid.

Aufsteigende Blasensäulen

Diese besorgniserregenden Funde bestätigen auch Berichte von Fischern, die schon seit einigen Jahren immer wieder mysteriöse Blasensäulen in ihren Sonaraufnahmen beobachteten. Jetzt belegen die Messergebnisse und nähere Untersuchungen der betreffenden Stellen, dass dort tatsächlich größere Mengen Methan aufsteigen.

Die Beobachtungen deuten zudem daraufhin, dass mindestens ein Teil des Methans tatsächlich die Meeresoberfläche erreicht und in die Atmosphäre freigesetzt wird. „Diese Befunde sprechen zudem dafür, dass die gegenwärtige Erwärmung und die Verschiebung der Stabilitätsgrenzen des Methanhydrats vor sehr viel mehr Küsten weltweit auftreten könnte als bisher bekannt“, warnen die Forscher. (Geophysical Research Letters, 2014; doi: 10.1002/2014GL061606)

(University of Washington, 10.12.2014 – NPO)

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