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Astronomie

Dünen-Rätsel des Titan gelöst

Forscher finden heraus, warum die Dünen auf dem Saturnmond in die falsche Richtung zeigen

Der Saturnmond Titan verbirgt unter seinem Schleier durchaus erdähnliche Landschaften © NASA/JPL

Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben: Die gewaltigen Dünenfelder auf dem Saturnmond Titan zeigen in die völlig falsche Richtung und der auch der vorherrschende Wind ist eigentlich viel zu schwach, um das schwere Material zu verwehen. Warum sie trotzdem existieren, haben nun US-Forscher herausgefunden. Das Geheimnis liegt demnach in der dichten Gashülle des Titan und in seinem ungewöhnlichen Klima.

Der Saturnmond Titan ist eine faszinierende, aber ziemlich unwirtliche Welt: Die Temperaturen liegen weit unter Null, statt Wasser regnet es flüssiges Methan vom Himmel und auch die Seen bestehen aus flüssigen und gefrorenen Kohlenwasserstoffen. Dennoch aber ähneln einige seiner Landschaftsformen denen auf der Erde verblüffend stark, es gibt Vulkane, Berge und sogar einige der größten Dünenfelder des Sonnensystems, wie Aufnahmen der NASA-Raumsonde Cassini zeigen.

Woher kommt der Wind?

Die bis zu 150 Meter hohen und hunderte von Kilometern langen Dünenreihen des Titan geben Planetenforschern allerdings schon seit längerem Rätsel auf. Denn sie bestehen nicht aus lockeren Sandkörnchen, sondern aus dichtem und wahrscheinlich gefrorenem organischen Material. Wie stark der Wind sein muss, um diese Partikel zu Dünen aufzuwehen, war unklar.

Dünenfelder auf der Erde (oben) und auf dem Titan © NASA/JPL

Hinzu kommt, dass die Form vieler Dünen nicht zur vorherrschenden Windrichtung zu passen scheint. Obwohl die Winde über den Dünenfeldern des Titan vornehmlich aus dem Osten wehen, deuten die Ablagerungen der Dünen auf Westwinde hin. Wie es zu dieser scheinbar unmöglichen Anordnung kommt, haben Devon Burr von der University of Tennessee in Knoxville und ihre Kollegen nun genauer untersucht.

Körner im Windkanal

Für ihre Studie nutzten die Forscher einen speziellen Windkanal, in dem sie auch die dichtere Gashülle des Titan nachbilden konnten. Darin testeten sie zunächst, unter welchen Bedingungen sich das körnige Material auf dem Saturnmond bewegt und glichen dies mit atmosphärischen Modellen des Titan ab. Weil nicht bekannt ist, wie fest die Körner auf dem Saturnmond aneinander kleben, nutzten die Forscher dabei 23 verschiedene Korngrößen und -dichten und setzten diese unterschiedlich starken Winden aus.

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Auf diese Weise konnten sie herausfinden, welche Windgeschwindigkeit mindestens benötigt wird, um die organischen Körner auf dem Titan in Bewegung zu versetzen. „Wir haben mit existierenden Modellen der Windgeschwindigkeit begonnen, aber wir mussten sie immer weiter anpassen, um sie mit unseren Windkanal-Daten in Übereinstimmung zu bringen“, erklärt Burr.

Zweimal im Saturnjahr weht ein anderer Wind

Das Ergebnis: „Die bisherigen Modelle haben den Schwellenwert für die Windgeschwindigkeit bei der Dünenbildung auf dem Titan um 40 bis 50 Prozent unterschätzt“, berichten Burr und seine Kollegen. Das aber bedeutet, dass die vorherrschenden Ostwinde viel zu schwach sind, um das Oberflächenmaterial zu bewegen – geschweige denn, so große Dünen aufzutürmen.

Die dichte Atmosphäre des Titan beeinflusst auch das Verhalten der Dünenkörner © NASA

Das wiederum könnte auch das Rätsel lösen, warum die Dünen in eine andere Richtung zeigen als die Ostwinde: Aus atmosphärischen Modellen geht hervor, dass sich die Windverhältnisse zweimal während des rund 30 Erdjahre dauernden Saturnjahres umkehren und verstärken. Zu diesen Zeiten überschreitet der Sonnenschein den Äquator des Titan und verursacht eine Verschiebung der Klimazonen.

Dadurch drehen sich die Winde für eine kurze Zeit und werden relativ stark. „Cassini hat diese Winde wahrscheinlich einfach nicht entdeckt, weil sie so selten wehen“, so Burr. Ihren Berechnungen nach könnten diese kurzzeitigen Westwinde durchaus ausreichen, um die großen Dünenfelder zu formen. Einmal gebildet, kann sie der zu schwache Ostwind dann nicht mehr einebnen oder verformen. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature14088)

(Nature/ University of Tennessee, 09.12.2014 – NPO)

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