Anzeige
Medizin

Hirn-Doping macht schlaue Menschen nicht schlauer

Medikament hindert kognitive Leistung, statt sie zu verbessern

Smart Drugs: Viele Medikamente sollen als "Wunderpillen" die kognitive Leistung fördern. © freeimages

Hirnleistung um jeden Preis – doch wie effektiv sind leistungssteigernde Mittel wirklich? Eine Studie zeigt nun: Der Wirkstoff Modafinil bremst die kognitive Leistung eher aus, anstatt sie zu steigern. Nur wer ohnehin Leistungsdefizite hat, kann von solchen „Smart Drugs“ profitieren, argumentieren Wissenschaftler anhand dieser Ergebnisse. Im Fachmagazin „PLOS ONE“ untermauern sie damit die Erkenntnis: Medikamente sind nichts für gesunde Menschen.

Angeblich hat rund ein Fünftel der Studenten und Akademiker schon einmal sogenannte „Smart Drugs“ benutzt: Medikamente, welche die die Aufmerksamkeit, Konzentration und geistige Leistung steigern sollen. Die Anwender solchen Hirn-Dopings versprechen sich davon das nötige Durchhaltevermögen für unzählige Nachtschichten oder schlicht bessere Noten in der nächsten Prüfung. Allerdings nützen Mittel wie Vigil, Ritalin oder Adderall nicht allen Menschen gleichermaßen – eher im Gegenteil: Es häufen sich Hinweise, dass die Medikamente in vielen Fällen sogar eher schaden.

Komplettes Gegenteil des erwarteten Resultats

Wissenschaftler um Ahmed Mohamed von der University of Nottingham haben den Effekt der „Smart Drug“ Modafinil, hierzulande als Vigil im Handel, untersucht. Dieser Wirkstoff wird normalerweise gegen Narkolepsie und schwere Schlafstörungen verschrieben. In einer Doppelblindstudie erhielt eine Hälfte der 64 Teilnehmer Modafinil, die andere Hälfte bekam ein Placebo. Anschließend unterzogen die Forscher alle Versuchspersonen einem verbreiteten neuropsychologischen Test: Dabei gilt es zunächst, das letzte Wort in einem vorgelesenen unvollständigen Satz möglichst schnell und sinnvoll zu ergänzen. Im zweiten Teil des Tests müssen Probanden dagegen eine sinnvolle Ergänzung bewusst unterdrücken und möglichst schnell mit einem absolut unpassenden Wort antworten.

„Wir haben untersucht, wie das Medikament wirkt, wenn man zutreffend und zügig antworten muss“, erklärt Mohamed. Das Ergebnis: Versuchspersonen unter Einfluss von Modafinil hatten Schwierigkeiten, rechtzeitig zu antworten. Insgesamt schnitten sie bei dem Test auch in puncto Richtigkeit der Antworten schlechter ab als die Kontrollgruppe. „Unsere Ergebnisse waren das komplette Gegenteil von dem Resultat, das wir erwartet hatten“, so Mohamed.

Keine Beweise für verbesserte Leistung

Modafinil wirkt nach Ansicht einiger Forscher deshalb leistungssteigernd, weil es Reaktionen und Antworten verzögert. Wer das Medikament nimmt, handelt dadurch weniger impulsiv und trifft durchdachtere Entscheidungen. Mohamed widerspricht dieser Sichtweise: „Wir haben keine Beweise gefunden, die diesen Anspruch unterstützen.“ Die Testergebnisse hätten lediglich höhere Reaktionszeiten gezeigt, aber keinerlei verbesserte kognitive Leistung. Bereits in einer früheren Studie hatten Mohamed und Kollegen entdeckt, dass Modafinil gerade bei von Natur aus kreativen Menschen das kreative Denken sogar unterdrückt.

Anzeige

Ist das Medikament damit nutzlos? Mitnichten, sagen die Forscher. Die neuen Forschungsergebnisse untermauern eine bereits bekannte Tatsache: Mittel wie Modafinil verbessern tatsächlich die kognitive Leistung von Menschen am unteren Ende des Leistungsspektrums. Wer dagegen gesund ist und bereits seine Bestleistung erreicht hat, profitiert nicht davon, sondern wird eher ausgebremst. Dies deckt sich mit dem eigentlichen Einsatzgebiet von Medikamenten: Sie sollen kranken Menschen helfen, können dagegen kaum etwas für Gesunde tun. (PLOS ONE, 2014;doi: 10.1371/journal.pone.0110639)

(University of Nottingham, 13.11.2014 – AKR)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Doping und seine Wirkstoffe - Verbotene Arzneimittel im Sport von Dirk Clasing

Tabletten, Tropfen und Tinkturen - Medizin im Alltag von Cornelia Bartels, Heike Göllner und Jan Koolman

Medizin für das Gehirn - Hrsg. Spektrum der Wissenschaft

Bittere Pillen - Nutzen und Risiken der Arzneimittel

Top-Clicks der Woche