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Biologie

Ameisen als Vorbild für Logistiker

Was nichtlineare Dynamik mit Insektenstaaten zu tun hat

Das Organisationstalent von Insektenstaaten haben sich jetzt Forscher des Unternehmens Siemens zum Vorbild genommen, um Logistikprozesse zu optimieren, und so beispielsweise die Pünktlichkeit von Warenlieferungen verbessern. „Wir tun dabei so, als befänden sich die Komponenten in einer Futterquelle, auf die die Ameisen zueilen“, erläuterte Thomas Runkler, Projektkoordinator bei Siemens. „Ihre Aufgabe besteht darin, die Komponenten zu den Eingängen des Baus zurückzutragen, das heißt zu den verschiedenen Aufträgen.“

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Die Ameisen laufen zunächst rein zufällig los, der kürzeste und schnellste Weg ergibt sich dann ganz von allein. Die Ameisen hinterlassen dabei Duftmarken, so dass auf dem kürzesten Weg pro Zeiteinheit statistisch gesehen die meisten Ameisen laufen, sich die Duftstoffkonzentration erhöht und immer mehr Tiere angelockt werden. Die Entwickler programmierten dazu effiziente Rechenroutinen, die dieses Verhalten nachahmen. Wie sich im Pilottest zeigte, kann man mit den naturnahen Algorithmen die Anzahl pünktlicher Lieferungen annähernd verdoppeln. Selbst bei komplexen Liefervorgängen, die sich aus ganz unterschiedlichen Waren und Komponenten zusammensetzen, arbeitete die Software zuverlässig.

Evolution durch Mathematik simulierbar

So überraschend einfach dieses Prinzip arbeitet und auf gewerbliche Logistikprozesse übertragen werden kann, so sind Experten aus der Service- und Logistik-Branche doch nicht so überrascht wie möglicherweise der Laie. „Das ist ein sich spontan entwickelndes und sich dann selbst optimierendes System. Die Effizienz ist der Maßstab. Tatsächlich kennen wir aus Logistikbetrieben ähnliche Entwicklungen. Allerdings, und hier liegt der Nutzen der Ergebnisse des Verbundprojektes, benötigen wir im Realbetrieb bei evolutionärer Optimierung sehr lange. Und diese Zeit lässt uns das heutige Geschäft meist gar nicht. Diese Optimierung durch mathematische Algorithmen simulieren und ausrechnen zu können, beschleunigt den Vorgang dramatisch“, weiß Michael Müller, Geschäftsführer eines Logistikunternehmens in Neuss.

Dabei liegt die Stärke des Organisationstalentes von Insektenstaaten offenbar nicht nur in der Optimierung der Prozesse, sondern vor allem auch in der Lösung beim Auftreten von Engpässen und Stockungen. „Gerade die Optimierung der Abläufe zur Behebung eines Störverhaltens ist für uns sehr interessant. Unter dem allgegenwärtigen Zeit- und Kostendruck lassen sich Engpässe in Servicekonzepten nicht grundsätzlich ausschließen. Um so interessanter sind hier effektive Methoden und Subprozesse, die die Störung umgehen und beheben“, so Müller.

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Wespen mit Prioritätsprinzip

Die Siemens-Forscher um Runkler haben bei ihrer Studie noch weitere dynamische Anforderungen untersucht. Bei Wespen-Staaten hat jede Wespe eine Aufgabe mit einer bestimmten Priorität. Ändert sich die Priorität, setzt sich die betreffende Wespe gegen Artgenossen mit niedriger priorisierten Aufgaben durch. In ein mathematisches Modell gebracht, lassen sich Logistik- und Fertigungsprozesse flexibler gestalten. Das ist etwas, was nach Angaben der Forscher heute noch den meisten Logistikprogrammen fehlt. Verknüpft man die Ameisen-, Wespen- und Fuzzy-Modelle, arbeitet das Programm ausgesprochen effizient, so Runkler. „In Experimenten haben wir nahe am optimalen Betrieb gearbeitet – mit einer Liefertreue von durchschnittlich 97 Prozent.“

Bei der Optimierung eines realen Logistiksystems gelang es den Siemens-Forschern, die Lieferverzögerungen um 44 Prozent zu reduzieren und somit die Anzahl der pünktlichen Lieferungen fast zu verdoppeln. Nicht nur bei der Fertigung und der Verteilung der Erzeugnisse sondern auch für den gesamten After Sales Service seien die Ergebnisse des Verbund-Projektes sehr interessant.

(NeueNachricht, 29.10.2004 – NPO)

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