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Medizin

Alkohol: Schon geringe Mengen stören Nachtsicht

Direkte Auswirkungen auf die Augen senken die Fahrtüchtigkeit drastisch

Schon geringe Mengen Alkohol schränken die Fahrtüchtigkeit ein. © freeimages

Alkohol vernebelt die Sicht – und zwar wörtlich: Spanische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass schon geringe Mengen den natürlichen Tränenfilm des Auges stören. Dies verschlechtert das Sehvermögen bei Nacht und erhöht die Licht- und Blendempfindlichkeit. Neben den bekannten Effekten auf das Reaktionsvermögen ist das ein weiterer Grund, aus dem Augenärzte vom Alkoholkonsum insbesondere vor nächtlichen Autofahrten abraten.

Alkohol und Autofahren vertragen sich nicht miteinander: Reaktionen verlangsamen sich, und das Urteilsvermögen schwindet. Laut Statistischem Bundesamt steht bei fünf Prozent aller Verkehrsunfälle mit Verletzten mindestens einer der Beteiligten unter Alkoholeinfluss. Die Hälfte dieser Fälle ereignet sich am Wochenende in der Zeit von 20 bis 24 Uhr – oft sind es Besucher von Diskotheken und Kneipen, die in Feierlaune ihre eigene Fahrtüchtigkeit überschätzen.

Doch Alkohol schränkt nicht nur Reaktionsgeschwindigkeit und Urteilsvermögen ein: Offenbar ist auch die Sehfähigkeit der Augen direkt betroffen, insbesondere in der Nacht. Wissenschaftler um José Castro von der Universität Granada testeten bei 67 Probanden, wie scharf sie nach dem Konsum unterschiedlicher Mengen Rotwein noch Kontraste wahrnehmen konnten, und wie empfindlich sie gegenüber blendendem Licht waren.

Alkoholkonsum verschlechtert Sehtest

Das Resultat fiel deutlich aus: Alle Teilnehmer schnitten nach Alkoholkonsum im Sehtest viel schlechter ab als im nüchternen Zustand. Schuld daran ist den Autoren der Studie zufolge das in alkoholischen Getränken enthaltene Ethanol. Das Ethanol löst die äußere, leicht fettige Schicht des Tränenfilms auf, der das Auge bedeckt. Dadurch verdunsten die wässrigen Bestandteile der Tränenflüssigkeit schneller. Außerdem waren bei alkoholisierten Versuchspersonen durchschnittlich die Pupillen stärker geweitet, wodurch mehr Licht ins Auge gelangt.

Bei Alkohol am Steuer verschwimmen Kontraste und Lichtquellen blenden stärker. © freeimages

Ein alkoholisierter Autofahrer erkennt aus diesen Gründen Kontraste schlechter und reagiert empfindlicher auf Licht. Verkehrszeichen lassen sich so unter Umständen erst verspätet erkennen. Außerdem blenden die Scheinwerfer des Gegenverkehrs stärker. Dieser Effekt zeigt sich verstärkt ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille – die in Deutschland gesetzliche Höchstgrenze. Aber auch Probanden mit niedrigeren Werten sahen Kontraste schlechter und nahmen vermehrt Lichtschleier wahr.

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„Alkoholisiert gar nicht erst hinters Steuer“

Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) warnt aus diesem Grund erneut vor Alkohol im Straßenverkehr: „Entscheidend ist, dass Alkohol generell unser Reaktionsvermögen beeinträchtigt“, sagt Bernhard Lachenmayr, Vorsitzender der Verkehrskommission der DOG. „Dass das Ethanol darüber hinaus das Sehvermögen einschränkt, stützt nur einmal mehr die Empfehlung, sich alkoholisiert gar nicht erst hinters Steuer zu setzen.“

Denn schon bei geringem Alkoholkonsum und normalen Lichtverhältnissen verschlechtert sich die Sicht für den Feiernden kaum wahrnehmbar. Dies sei besonders gefährlich, so Lachenmayr: „Viele Kneipenbesucher halten sich noch für fahrtüchtig, wenn sie ein bis zwei Gläser Bier getrunken haben.“ Nach den neuen Erkenntnissen stehe dies einmal mehr in Frage.

(Journal of Ophthalmology, 2014; doi: 10.1155/2014/704823)

(Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG), 31.10.2014 – AKR)

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