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Geowissen

Junge Vulkane auf dem Mond entdeckt

Noch vor weniger als 100 Millionen Jahren könnte es Eruptionen auf dem Mond gegeben haben

In den Maren gibt es Lavaformationen, die jünger sind als der Rest © gemeinfrei

Von wegen kalt und tot: Noch vor maximal 100 Millionen Jahren könnte es Vulkanausbrüche auf dem Mond gegeben haben. Darauf deutet eine Untersuchung von kleinen Lavaformationen in den Mondmaren hin. Sollte sich diese Datierung bestätigen, wäre der Mond sehr viel länger vulkanisch aktiv als bisher gedacht und sein Inneres wäre langsamer abgekühlt, als es die Modelle bisher abbilden, so die Forscher im Fachamgazhin „Nature Geoscience“.

Dass der Mond einst vulkanisch enorm aktiv war, ist auch heute noch nicht zu übersehen: Die dunklen Mare auf der uns zugewandten Mondseite bestehen komplett aus erkalteter Basaltlava. Vor 3,9 bis 3,1 Milliarden Jahren ergoss sich diese damals glutflüssige Schmelze in die Senken, die die Einschläge großer Meteoriten hinterlassen hatten. Doch das Magmareservoir im Mondmantel kühlte im Laufe der Zeit ab – auch weil der Mond zu klein ist, um in seinem Inneren von selbst ausreichend Hitze zu erzeugen. Nach gängiger Lehrmeinung erlosch daher die letzte vulkanische Aktivität spätestens vor rund einer Milliarde Jahren.

Fehlende Krater und seltsame Mareflecken

Allerdings: Es gibt inzwischen einige wenige Hinweise darauf, dass es auch nach dieser Zeit noch Vulkan gegeben haben könnte. So belegten Planetenforscher im Jahr 2011 anhand von Aufnahmen der NASA-Raumsonde Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO), dass einige Vulkanformationen auf der lunaren Rückseite erst vor rund 800 Millionen Jahren entstanden sein könnten. Indizien dafür waren die chemische Zusammensetzung des Gesteins und das fast vollständige Fehlen von Einschlagskratern auf ihrer Oberfläche.

Doch es gibt noch weitere Formationen auf der Mondoberfläche, die für Rätselraten sorgen: Auf der dunklen, ebenen Fläche vieler Mondmare finden sich sogenannte irreguläre Mareflecken (Irregular Mare Patche, IMPs), wie Sarah Braden von der Arizona State University in Tempe und ihre Kollegen berichten. Sie haben einen Durchmesser von 100 bis 5.000 Metern und bestehen aus einem unebenen, von Blöcken übersäten Terrain, das von glattem, gerundetem Basaltgestein überlagert wird.

Ähnlichkeit mitr Lavaströmen

Das Auffallende daran: Diese irregulären Mareflecken tragen deutlich weniger Einschlagskrater als die umgebenden Gebiete. Das Alter und die Entstehung dieser Formationen waren jedoch bisher unklar. Braden und ihre Kollegen haben nun 70 dieser Mareflecken anhand der Aufnahmen des Lunar Reconnaissance Orbiter genauer untersucht. Zunächst analysierten sie die Form und Struktur der Flecken.

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In der Nähe des Aristarchuskraters überlagern die Mareflecken die Einschlagstrümmer © NASA

„Die glatten Gesteinsformationen besitzen rundlich gelappte Ränder und fallen zur Umgebung steil ab“, berichten die Forscher. Sie ähneln damit stark den Rändern von Lavaströmen an irdischen Vulkanen. „Das spricht dafür, dass zumindest einige dieser irregulären Mareflecken bei vulkanischen Eruptionen entstanden.“

Jünger als 100 Millionen Jahre

Aber wann fanden diese Vulkanausbrüche statt? Um dies zu klären, ermittelten die Forscher für drei gut sichtbare und typische Mareflecken die Kraterdichte auf ihrer Oberfläche und verglichen diese mit anderen jungen lunaren Formationen und Modellen der zeitabhängigen Kraterhäufigkeit. Wie sich zeigte, besitzen die Mareflecken dabei eine ähnliche Kraterdichte wie Formationen, die erst rund 50 bis 100 Millionen Jahre alt sind.

Ein weiteres Indiz für das geringe Alter der Mareflecken fand sich in der Nähe des Aristarchuskraters: Die gelappten Basalte eines Marefleckens überlagerten dort die Auswurftrümmer des rund 150 Millionen Jahre alten Einschlagskraters. „Die Position und Überlagerung dieses Marefleckens deuten daher auf ein Alter jünger als der Aristarchuskrater hin“, schlussfolgern Braden und ihre Kollegen.

Erst Mondgesteinsproben können endgültigen Aufschluss geben

Sind die Mareflecken tatsächlich erst vor 100 Millionen Jahren und weniger entstanden, dann wirft dies auch ein ganz neues Licht auf die vulkanische Geschichte des Erdtrabanten. Denn dann muss sein Mantel langsamer abgekühlt und deutlich länger heiß geblieben sein als bisher angenommen. „Es muss noch genügend Hitze vorhanden gewesen sein, um zumindest diese kleinen, volumenarmen Eruptionen noch bis in das späte Kopernikanische Zeitalter zu ermöglichen“, so die Forscher.

Ob das Mondinnere tatsächlich an einigen Stellen noch so lange glutflüssig blieb, könnten zukünftige Mondmissionen zeigen, die Gesteinsproben zurück zur Erde bringen. Erst sie ermöglichen eine eindeutigere Datierung. Die spannende Frage, wann der letzte Mondvulkan ausbrach, wird daher wohl noch eine Weile im Ungewissen bleiben. (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2252)

(Nature, 13.10.2014 – NPO)

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