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Klima

CO2-Endlager: Was passiert bei einem Leck?

Experiment testet Folgen undichter CO2-Speicher unter dem Meeresboden

Sleipner-Gasfeld vor der norwegischen Küste: Bereits seit 1996 wird hier Kohlendioxid unter dem Meeresgrund endgelagert. © Bair175 (CC BY-SA 3.0)

Wohin mit dem Kohlendioxid? Mit der umstrittenen CCS-Technik soll das Treibhausgas in geeignete Gesteinsschichten unter dem Meeresgrund gepresst werden, um die Emissionen in die Atmosphäre zu verringern. Die Sicherheitsaspekte dieser Methode haben britische Wissenschaftler nun im Feldversuch studiert. Denn was passiert, wenn ein solcher Speicher mal ein Leck bekommt? Und wie lässt sich das möglichst schnell erkennen?

Seit Jahren gibt es Forderungen, den immensen Ausstoß an klimagefährlichem Kohlendioxid (CO2) endlich einzudämmen – zuletzt im Vorlauf des Weltklimagipfels in New York. Doch die Menschheit ist längst noch nicht unabhängig von fossilen Energien. Bis es soweit ist, werden wir also noch über Jahre hinweg weiter Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen. Die Idee des „Carbon Capture and Storage“ (CCS), deutsch etwa „CO2-Abscheidung und Speicherung“ klingt daher verlockend: Um den Treibhauseffekt zu bremsen, kann CO2 schon bei der Entstehung abgetrennt werden. Statt in die Atmosphäre zu gelangen, wird das Treibhausgas dann beispielsweise in porösen Sandstein oder salzwasserführendes Gestein unter dem Meeresgrund gepresst.

Kontrolliertes Leck als Testfall

Neu ist das Verfahren nicht. Der norwegische Ölkonzern Statoil zum Beispiel hat bereits im Jahr 1996 damit begonnen, über mehrere Jahre hinweg Kohlenstoffdioxid in eine Sandsteinformation unter der Nordsee einzuleiten. Welche Folgen ein Leck in einem solchen Speicher für die Tier- und Pflanzenwelt in dem betroffenen Meeresgebiet haben könnte, ist allerdings völlig unklar. Studien zu diesem Thema beschränken sich bisher auf Experimente im Labor oder Beobachtungen an natürlichen CO2-Quellen.

Das ist nicht jedoch realistisch genug, wie Jerry Blackford vom Plymouth Marine Laboratory und seine Kollegen erklären. Die Geologen und Meereswissenschaftler haben deshalb einen Praxistest durchgeführt: Sie legten selbst einen kleinen, elf Meter unter dem Meeresgrund liegenden CO2-Speicher vor der Küste der schottischen Ortschaft Benderloch an. Hier leiteten sie über einen Zeitraum von 37 Tagen insgesamt 4,2 Tonnen Kohlendioxid ein. Dann erzeugten sie kontrolliert ein kleines Leck und beobachteten, was geschah. Ihr Ziel: Die Auswirkungen auf das umliegende Ökosystem analysieren und geeignete Methoden untersuchen, um solche Lecks zu entdecken.

Akustische und chemische Indizien

Tatsächlich zeigten sich schon nach wenigen Stunden erste optische und akustische Anzeichen des Lecks: Auf dem Meeresgrund bildeten sich blubbernde Gasblasen. Zudem konnten die Forscher mithilfe seismischer Bildgebung erkennen, dass sich das Kohlendioxid zunächst in einem vertikalen Gas-Schlot den Weg durch das Sediment bahnt. Dabei steigt der Druck so stark an, dass Brüche im Gestein entstehen.

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Auch chemische Veränderungen konnte das Team ausmachen: Nach 30 Tagen des CO2-Austrittes hatte sich der Anteil von gelöstem, anorganischem Kohlenstoff im in den Gesteinsporen eingeschlossenen Wasser um das Zehnfache erhöht. Die Konzentration von Kalzium-Ionen stieg an und das Wasser wurde alkalischer – ein Hinweis darauf, dass sich das im Sediment enthaltene Kalziumkarbonat durch das freigesetzte CO2 auflöst.

Biologische Folgen deutlich, aber umkehrbar

Die am Meeresgrund beheimatete Lebensgemeinschaft reagierte ebenfalls auf das Leck: Nach dem Ende der CO2-Freisetzung war die Gemeinschaft aus Bakterien, Algen, Krebstieren, Muscheln und Fischen ganz anders zusammengesetzt als in nicht betroffenen Gebieten, wie die Forscher berichten. Allerdings beschränkten sich diese Konsequenzen auf einen Umkreis von wenigen Metern.

Die gute Nachricht: Sowohl chemische als auch biologische Veränderungen waren nicht endgültig. Wenige Wochen, nachdem das künstliche Leck wieder verschlossen war, war alles wieder beim alten. „Zwar hat ein Leck Konsequenzen für das umgebende Ökosystem,“ schreiben die Forscher. „Diese sind jedoch nicht katastrophal und eine Erholung ist binnen weniger Wochen möglich.“ Sie warnen jedoch, dass größere und über einen längeren Zeitraum bestehende Lecks massivere Folgen verursachen könnten.

Monitoring mit Unterwasser-Fahrzeugen

Umso wichtiger scheint es, eine Monitoring-Strategie zu entwickeln, um Lecks so schnell wie möglich ausfindig zu machen – eine komplexe Herausforderung angesichts der großen Wassermassen, die es zu diesem Zweck zu überwachen gilt. Das Hauptproblem dabei: Eindeutige Anzeichen wie etwa Gasblasen entstehen nicht immer und können auch andere Ursachen haben. Es reicht also nicht, nur auf ein bestimmtes Warnsignal zu achten. Stattdessen müssten effektive Überwachungssysteme diverse Faktoren erheben.

Die Wissenschaftler schlagen dazu vor, mobile Unterwasser-Fahrzeuge einzusetzen, die sich selbständig am Meeresboden bewegen und mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet sind. So könnten akustische Sensoren die Geräusche von Gasblasen erkennen. Chemische Sensoren wiederum würden die Veränderungen registrieren, die durch die Auflösung des Kohlendioxids entstehen. „Monitoring wäre sicherlich anspruchsvoll, aber mit einem multivariaten Ansatz durchaus machbar“, schließen die Forscher. Um eine zuverlässige Methode entwickeln zu können, seien aber vor allem weitere Grundlagenstudien unerlässlich.

(Nature Climate Change, 2014; doi: 10.1038/NCLIMATE2381)

(Blackford et al., Nature Climate Change, 29.09.2014 – DAL/AKR)

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