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Neurobiologie

Gesicht bekannt, Name vergessen?

Mechanismen der Gesichtererkennung untersucht

Gesicht © IMSI MasterClips

Kennen Sie das: Sie sehen ein bekanntes Gesicht in der Menge, können ihm aber auf die Schnelle keinen Namen zuordnen? Fast jeder hat diese Situation schon einmal erlebt, doch gerade für ältere Menschen kann sich die Namensvergesslichkeit zu einer dauernden Frustration und Peinlichkeit auswachsen. Wissenschaftler der Universität von Arizona untersuchen zur Zeit die beim Anblick eines Gesichts im Gehirn ablaufenden Prozesse.

Wie werden Gesichter vom Gehirn erkannt und die passenden Namen herausgesucht? „In anderen Worten, woher wissen wir, wenn eine Erinnerung auftaucht, dass sie die richtige ist im Gegensatz zu etwas, was wir uns nur einbilden oder träumen?“, erklärt Alfred Kaszniak, einer der Autoren der Studie. Gemeinsam mit seinen Kollegen Jasmeet Pannu und Steven Rapcsak kam der Forscher im Rahmen seiner Alzheimerforschung auf die Idee, die Gesichtererkennung als Testobjekt zu nutzen, da sie ein alltägliches „Werkzeug“ im Miteinander jedes Menschen darstellt. „Sie ist die Art von Dingen, von der Menschen oft erzählen, sie hätten Probleme damit“, erklärt Kaszniak.

In ihrer Studie setzten die Wissenschaftler funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) ein, um die Gehirnaktivität von zwölf Versuchspersonen im Alter von 22 bis 32 mit gesunden Gehirnen zu beobachten. Den Probanden wurden 300 Portraits von bekannten und nicht-bekannten Menschen gezeigt. Sie sollten anschließend jeweils angeben, ob sie das Gesicht erkannt hatten, es nicht kannten oder nur das Gefühl hatten, es zu kennen, es aber momentan nicht zuordnen konnten.

Ich weiß, dass ich es weiß“

Nach Angaben von Jasmeet Pannu zeigen die Ergebnisse, dass “es deutliche Unterschiede in der Überlagerung der Hirnaktivität gibt, wenn die Probanden in einem „feeling-of-knowing“ (FOK)-Status sind oder aber wenn sie erfolgreich einen Namen zugeordnet haben.“ Insbesondere der mittlere Präfrontale Kortex, die Stirnregion der Großhirnrinde, war während des FOK-Stadiums aktiv, nicht aber wenn das Gesicht entweder eindeutig erkannt wurde der aber gar nicht bekannt war. Eine mögliche Erklärung ist nach Ansicht der Forscher, dass in dieser Gehirnregion die Abwägung stattfindet, inwieweit die aus dem Gedächtnis hervorgeholte Erinnerung korrekt ist oder nicht.

“Dieser Prozess könnte besonders während des feeling-of-knowing wichtig sein, in dem das Zielwort aktiv gesucht wird und dabei auch alternative Informationen mit auftauchen wie zum Beispiel Silben des Namens, der Beruf der gesuchten Person oder Filme und Ereignisse, in denen die Person eine Rolle spielte“, erklärt Pannu. .

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Gehirn reagiert auf Diskordanzen

Doch auch eine andere Gehirnregion war während des FOK-Stadiums aktiv, aber auch dann, wenn der Name zwar erfolgreich gefunden wurde, es aber einige Zeit gedauert hatte. Das vordere Cingulum, eine Region, die mit der Verarbeitung von kognitiven Konfliktprozessen assoziiert wird, erlaubt es, Fehler in automatischen Verhaltensreaktionen zu entdecken.

“Sie reagiert sehr sensibel auf Fehlzuordnungen zwischen einem „Template“, einem Set von Fakten über Personen und Gesichter, und den individuellen Gesicht, dem nicht auf Anhieb ein Name zugeordnet werden kann“, erklärt Kaszniak. „Es entdeckt diese Art von Diskordanzen. Aber es sind die mittleren Frontalhirnregionen, die immer dann eingeschaltet werden, wenn man weiß, man kennt den Namen, aber er fällt einem gerade nicht ein.“

Die meisten Untersuchungen zum Gedächtnis konzentrierten sich in der Vergangenheit entweder auf erfolgreiche Erinnerung oder aber das Vergessen, ignorierten aber das gespeicherte, momentan aber nicht abrufbare Wissen, so Pannu. Diese Studie stellt daher einen ersten Versuch daher, zu verstehen, was das Gehirn in diesem Zwischenstadium tut. Die Ergebnisse deuten daraufhin, dass das Gehirn offenbar zusätzliche Prozesse zu Hilfe nimmt, um akurate Erinnerungen aufzurufen.

Der nächste Schritt der forscher wird eine Studie mit älteren Erwachsenen und dem Phänomen des „auf der Zunge liegens“ sein – das Gefühl, ein Wort fast im Kopf zu haben es aber im Moment nicht abrufen zu können. „Wir wollen wissen, was im Gehirn dafür verantwortlich ist. Auf der Basis der bisherigen Studie wissen wir, dass der mittlere frontale Kortex dafür ein guter Kandidat ist, aber wir müssen erst herausfinden, ob das tatsächlich der Fall ist und ob es hier Unterschiede zwischen jungen und alten Menschen gibt, “ so Pannu.

(University of Arizona, 27.10.2004 – NPO)

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