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Paläontologie

Erster schwimmender Dino entdeckt

Spinosaurus war ähnlich gut an das Wasserleben angepasst wie heutige Seerobben

Der Spinosaurus aegyptiacus ist der erste bekannte halbaquatische Dinosaurier © Ibrahim et al. / Science/AAAS

Ein Dinosaurier als Wassertier: Ausgerechnet in der Sahara haben Paläontologen den ersten an ein Leben im Wasser angepassten Dinosaurier entdeckt. Der gewaltige Fleischfresser Spinosaurus jagte wahrscheinlich in den Flüssen der Kreidezeit und besaß dazu Paddelbeine und vielleicht sogar Schwimmhäute, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Dieser Dinosaurier wirft damit vieles von dem über den Haufen, was man bisher über diese Urzeitechsen zu wissen glaubte.

Eigentlich war die Welt in der Kreidezeit fein säuberlich aufgeteilt: Im Meer und in den Gewässern regierten die fischähnlichen Ichthyosaurier, die Luft dominierten die Pterosaurier und an Land waren die Dinosaurier die uneingeschränkten Herrscher. Sie galten bisher als reine Landtiere, die höchstens in flache Tümpel wateten, um besser an Pflanzen heranzukommen oder sich abzukühlen. Ansonsten aber, so die gängige Lehrmeinung, jagten und lebten Tyrannosaurus rex und Kollegen nur an Land.

Fossilfund in der Sahara

Ausgerechnet ein Fossilfund aus der marokkanischen Saharawüste wirft nun ein ganz neues Licht auf die Anpassungsfähigkeit der Dinosaurier. Entdeckt wurde er in den Ablagerungen eines Kliffs, die aus der Zeit vor rund 97 Millionen Jahren stammen. Damals lag in diesem Gebiet keine Wüste, sondern ein ausgedehnte Flusssystem, das vom heutigen Marokko bis nach Ägypten reichte. Entsprechend vielfältig war auch die Fauna an Wassertieren und halbaquatisch lebenden Tieren, sie reichte von großen Haien über Quastenflosser und Lungenfische bis zu Krokodilen.

Inmitten dieser fossilen Vielfalt entdeckte ein Fossiljäger auch Skelett-Teile eines Spinosaurus aegyptiacus, einem der größten Fleischfresser der Kreidezeit. Aus vorhergehenden Funden war bereits bekannt, dass dieser Raubdinosaurier mehr als 15 Meter lang war und rund 20 Tonnen wog. Auffallend zudem: sein durch lange Knochenstäbe gestütztes Rückensegel. Weil aber alle Fossilien bisher sehr unvollständig waren, blieben wichtige Details des Körperbaus unklar – und damit auch, wie dieser Dinosaurier lebte.

Die kurzen, kräftigen Paddelbeine, die langen Füße und der Schädel deuten auf ein Leben im und am Wasser hin.© University of Chicago, Fossil Lab

Kurze Paddelbeine und Schwimmhäute

Nizar Ibrahim von der University of Chicago und seine Kollegen haben nun die neuen Skelettfunde aus Marokko mit Hilfe von Röntgentomografischen Scans genauer untersucht und aus den Daten ein 3D-Modell dieser Riesenechse rekonstruiert. Sie enthüllte nicht nur, dass Spinosaurus fast drei Meter länger war als der größte bekannte Tyrannosaurus. Er besaß auch Anpassungen, die auf ein Leben im Wasser hindeuten. „Seine ungewöhnlichen Proportionen überraschten uns noch mehr als seine gewaltige Größe“, sagt Paul Sereno vom Fossillabor der University of Chicago. „Gliedmaßen-Proportionen wie diese sehen wir normalerweise bei frühen Walen, nicht bei Raubdinosauriern.“

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So besaß der Spinosaurus ein eher kleines Becken, an dem kurze, kräftige Hinterbeine ansetzten, die eher zum Paddeln als zum Laufen geeignet waren. Die langen, kräftigen Füße hatten zudem flache Zehen, die eher denen heutiger Watvögel ähneln als denen von Raubdinos. Möglicherweise könnte der Spinosaurus sogar Schwimmhäute zwischen den Zehen besessen haben, so die Vermutung der Forscher. Im Gegensatz zu T. rex und Co hatte Spinosaurus zudem besonders dichte Knochen und die langen Knochen der Gliedmaßen waren nicht hohl, sondern massiv – auch das eine für aquatische Tiere typische Anpassung.

Ein Fischfresser mit Spezialsensoren

Auch am Schädel stießen die Paläontologen auf einige Hinweise für eine zumindest halbaquatische Lebensweise des Raubdinosauriers: Seine kleinen Nasenöffnungen lagen nicht an der Schnauzenspitze, sondern waren nach oben und in die Mitte des Schädels gerückt. Dadurch konnte er auch dann noch atmen, wenn der größte Teil seines Kopfes untergetaucht war. Die scharfen, kegelförmigen, ineinander verschränkten Zähne und die scharfen, gebogenen Klauen an den Vorderbeinen erleichterten es der Raubechse zudem, glitschige Beute zu fangen und festzuhalten.

Verschobene Nasenöffnungen, scharfe Zähne und Sinnesgruben sprechen für eine Beutejagd im Wasser © Ibrahim et al. / Science/AAAS

„Diese Anpassungen deuten darauf hin, dass Spinosaurus ein Fischfresser war, der Haie, Sägefische, Quastenflosser und andere Fische jagte, die im Kemkem-Flusssystem häufig waren“, erklären die Forscher. Eine Reihe von Gruben am Kiefer sprechen ihrer Ansicht nach zudem dafür, dass die Echse spezielle Sinnesorgane besaß, mit denen sie Wasserbewegungen wahrnehmen konnte – ähnlich wie es auch Krokodile können.

Selbst das große Rückensegel des Spinosaurus könnte zumindest für ein Leben im Wasser günstig gewesen sein: Denn ähnlich wie die aufragende Rückenflosse eines Hais ragte das Segel aus dem Wasser und war so für Artgenossen weithin sichtbar. „Die Kreatur, die wir hier beschreiben, ist wahrscheinlich der rätselhafteste Dinosaurier überhaupt“, konstatiert Ibrahim. „Er ist so bizarr, dass er Dinosaurierexperten dazu zwingen wird, vieles von dem zu überdenken, was sie bisher von diesen Tieren zu wissen glaubten.“ (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1258750)

(Science / National Geographic Society, 12.09.2014 – NPO)

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