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Botanik

Kaffee-Erbgut verrät Koffein-Geheimnisse

Koffein entstand mehrfach unabhängig und dient der Pflanze gleich auf mehrfache Weise

Geröstete Kaffeebohnen - Grundlage für das beliebteste Heißgetränk der Deutschen © gemeinfrei

Wie kam der Kaffee zum Koffein? Diese Frage klärt jetzt die erste Sequenzierung des Kaffeegenoms. Sie zeigt: Koffein ist in der Natur offenbar wichtiger als bisher angenommen. Denn es entstand in der Evolution der Pflanzen mindestens zweimal unabhängig voneinander: Einmal beim Kaffee und einmal bei Tee und Kakao. Zudem dient es der Kaffeepflanze als Insektizid, Konkurrentenschreck und Lockmittel für Bestäuber zugleich, so die Forscher im Fachmagazin „Science“.

Kaffee ist für viele unentbehrlich – als Muntermacher am Morgen und wohlschmeckender Begleiter durch den Tag. Das Koffein im Getränk sorgt dabei für den richtigen Kick und wirkt als Aufputschmittel. Auch Tee und Kakao enthalten geringe Mengen dieses natürlichen Pflanzeninhaltsstoffes. Bisher war aber unklar, woher dieses Koffein stammt: Entwickelte ein gemeinsamer Vorfahre aller drei Pflanzen diese Substanz? Oder entstand sie in der Evolution der Pflanzen mehrfach unabhängig? Und was hat die Pflanze eigentlich vom Koffein?

Erbgut eines Wildkaffees entschlüsselt

Um diese Fragen zu beantworten, hat ein internationales Forscherteam um France Denoeud vom französischen Geninstitut in Evry jetzt das Erbgut des Kaffees entschlüsselt. Sie sequenzierten dafür die DNA des Wildkaffees Coffea canephora, einem der beiden „Urväter“ der beliebten Kaffeesorte arabica. Ihre Analyse tastete das 720 Millionen Basenpaare lange Genom dabei gleich mehrfach ab und identifizierte 25-574 proteinkodierende Gene.

Dabei stellten die Forscher fest: Das Erbgut des Kaffees enthält besonders viele Gene, die die Abwehrkraft der Pflanze stärken und die die Produktion von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen kontrollieren. Demnach ist Kaffee die reinste Fabrik für pflanzliche Wirkstoffe: Er erzeugt Flavonoide und Monoterpene, die antioxidativ wirken und Krebs vorbeugen sollen. Außerdem Alkaloide, die je nach Art und Dosis als Arzneimittel oder als Gift wirken können. Und nicht zuletzt natürlich: Koffein.

Das Koffein ist auch für die Kaffeepflanze nützlich © freeimages

Koffein ist „Eigenerfindung“ des Kaffees

„Indem wir uns angeschaut haben, welche Genfamilien in der Kaffeepflanze besonders erweitert sind und welche Ähnlichkeiten es zu anderen verwandten Arten gibt, konnten wir einiges über die Entwicklung des Kaffees in der Evolution lernen – und über die Geschichte des Koffeins“, sagt Koautor Victor Albert von der University at Buffalo.

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Demnach findet sich im Kaffee-Genom eine ganze Sammlung von Enzymen, die an der Produktion von Koffein beteiligt sind. Nähere Analysen enthüllten dabei, dass sich diese Enzyme jedoch deutlich von denen unterscheiden, die in Tee- und Kakaopflanzen aktiv sind. „Das spricht dafür, dass die Koffein-Biossynthese mindestens zwei Mal unabhängig voneinander entstanden ist“, erklären Denoeud und ihre Kollegen. Denn hätten alle drei Pflanzen diese Fähigkeit von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt, dann müssten sich die Enzymgene ähnlicher sein.

Insektizid, Konkurrentenschreck und Suchtmittel zugleich

Warum für uns Koffein nützlich ist, liegt auf der Hand. Aber warum produziert es die Pflanze – immerhin mit großem Aufwand? Ein Grund ist die Schädlingsabwehr, wie die Forscher erklären: Das Koffein in den Blättern der Pflanze wirkt wie ein Insektizid. In Früchten und Samen der Kaffeepflanze erfüllt der Inhaltstoff dagegen einen anderen Zweck: Es hemmt das Wachstum von konkurrierenden Pflanzen und ermöglicht es den Keimlingen so, aufzuwachsen ohne überwuchert zu werden.

Erst kürzlich deckte eine Studie eine weitere, ziemlich raffinierte Wirkung des Koffeins in der Pflanze auf: Es macht die Bestäuberinsekten, die die Kaffeeblüten besuchen, süchtig. Haben sie einmal vom Nektar und Pollen des Kaffees gekostet, bevorzugen sie diesen Geschmack fortan gegenüber anderen Blüten. Damit sichert sich die Kaffeepflanze die anhaltenden Dienste dieser nützlichen Insekten. (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1255274)

(Science / University at Buffalo, 05.09.2014 – NPO)

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