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Umwelt

Unterschätzte Gefahr durch Ethanol-Öfen

Schadstoffe durch unvollständige Verbrennung belasten die Raumluft

Ethanolkamine verbreiten eine behagliche Atmosphäre, doch ihre Schadstoffemissionen sind erheblich. © Fraunhofer WKI / Manuela Lingnau

Dekorativ, aber brandgefährlich: Die beliebten Ethanol-Kamine verunreinigen die Raumluft in hohem Maße mit Schadstoffen. Zu diesem Ergebnis kommen deutsche Wissenschaftler nach umfangreichen Tests. Die Empfehlung der Forscher: Beim Betrieb der Deko-Feuerstellen unbedingt auf gute Lüftung achten. Holzkaminöfen stellen dagegen eine vergleichsweise schadstoffarme Alternative dar.

Am Vormittag den Kamin im Baumarkt kaufen und am Abend bereits die heimelige Atmosphäre des Deko-Feuers genießen. Das stilvolle Design macht Ethanol-Feuerstellen immer beliebter, und die Anbieter werben mit dem leichten und schnellen Aufbau der dekorativen Öfen ohne Schornstein. Doch beim Betrieb der Feuerstellen ist Vorsicht geboten: Wegen des feuergefährlichen Brennstoffs Ethanol gab es in der Vergangenheit bereits mehrere schwere Unfälle mit den Deko-Öfen. Darüber hinaus bergen die Ethanol-Kamine ein weiteres Gefährdungspotenzial: ausgestoßene Schadstoffe.

Ethanol verbrennt nicht vollständig

Glaubt man den Herstellern, sondern die Geräte keine schädlichen Verbrennungsrückstände in die Raumluft ab – theoretisch verbrennt Ethanol sauber zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser. „In der Praxis sieht das anders aus“, erläutert Michael Wensing vom Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) in Braunschweig. Die Qualität des verwendeten Brennstoffs und Faktoren wie die Verbrennungstemperatur haben großen Einfluss.

„Das Ethanol verbrennt in der Regel nicht vollständig“, so Chemiker Wensing. Daher entstehen neben CO2 auch Verbrennungsgase wie Kohlenmonoxid, Stickstoffdioxid und Formaldehyd sowie krebserregendes Benzol und ultrafeine Verbrennungspartikel. Dies ist besonders bedenklich, weil die Ethanol-Öfen keinen Schornstein besitzen: „Die Öfen besitzen keinerlei geführte Abluft, daher werden alle Verbrennungsprodukte direkt an die Umgebung abgegeben“, erklärt Wensing.

Genauere Daten über die Auswirkung von Ethanolöfen auf die Luftqualität in Innenräumen gab es bislang jedoch kaum. Wensing und seine Kollegen haben darum die Höhe und Art der freigesetzten Emissionen untersucht. In einer Edelstahl-Prüfkammer mit einem Volumen von 48 Kubikmetern testeten die Forscher vier Ethanol-Öfen und acht flüssige und gelförmige Brennstoffe. Die Kammer lüfteten sie entsprechend den Angaben der Hersteller.

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Schadstoffe oberhalb der Richtwerte

In den meisten Fällen stellten die Wissenschaftler hohe Schadstoffkonzentrationen fest, häufig auch oberhalb der geltenden Richtwerte. Beispielsweise überstiegen alle Geräte den Innenluftrichtwert von 0,35 Milligram Stickstoffdioxid pro Kubikmeter, in einem Fall mit 2,7 Milligram pro Kubikmeter sogar um fast das Achtfache. Auch die Werte für das giftige Formaldehyd lagen mit bis zu 0,45 ppm (Teilchen pro einer Million Luftteilchen) oberhalb des Richtwerts von 0,1 ppm. Ein Ofen erzielte bei der CO2-Emission eine Spitzenkonzentration von circa 6.000 ppm – und lag damit deutlich über dem hygienisch unbedenklichen Wert von 1.000 ppm.

Wie die Tests ergaben, ist auch der Brennstoffverbrauch für den Schadstoffaustoß entscheidend: Je mehr Ethanol in einer bestimmten Zeit verbrennt, desto mehr Schadstoffe werden freigesetzt. Die Öfen sonderten außerdem ultrafeine Verbrennungspartikel ab. Deren Durchmesser ist 10.000-mal kleiner als die Dicke eines menschlichen Haares, so dass sie tief in die Lunge eindringen können.

Betrieb nur in gut gelüfteten Räumen

„Deko-Öfen mit Ethanolfeuerung sind eine Quelle für gesundheitsgefährdende Verunreinigungen der Innenraumluft. Um eine gesundheitlich unbedenkliche Luftqualität zu gewährleisten, raten wir dazu, auf den Einsatz dieser Geräte im Innenraum von Wohnungen zu verzichten. Sie sollten nur in großen und sehr gut gelüfteten Räumen betrieben werden“, resümiert Wensing.

Holzkaminöfen stoßen wenig Schadstofffe aus, solang die Tür dicht schließt. © freeimages

Holzkaminöfen, die als zusätzliche Heizung immer beliebter werden, analysierten die Wissenschaftler ebenfalls. In Deutschland unterliegen die Emissionen solcher Kamine in die Außenluft strengen gesetzlichen Regelungen. Über die Schadstoffbelastungen in bewohnten Innenräumen, etwa durch undichte Ofentüren, fehlen allerdings auch hier verlässliche Daten. Daher haben die Forscher vom WKI sieben Öfen vor Ort in Wohnungen unter realen Bedingungen untersucht.

Bei Holzkaminen auf dichte Türen achten

Das Ergebnis zeigt ein anderes Bild als bei den Ethanol-Öfen: Solange die Ofentür geschlossen ist, beeinflussen die Öfen die Luftqualität im Innenraum nur geringfügig. Lediglich beim Nachlegen von Feuerholz und beim Anzünden gelangen Emissionen in die Raumluft. Dann konnten die Forscher einen kurzfristigen Anstieg der Konzentrationen messen. „Im geschlossenen Betrieb werden Substanzen nicht in nennenswerter Höhe freigesetzt“, sagt Wensing. „Beispielsweise sind die Werte für Formaldehyd unbedenklich.“

Einzige Ausnahme: Bei einem der Öfen fanden die Forscher sehr hohe Benzol-Konzentrationen von bis zu 72 Mikrogramm pro Kubikmeter Raumluft. Den Anstieg führen sie jedoch auf den Gebrauch des paraffinhaltigen Anzünders zurück. Zum Vergleich: Beim Anzünden dieses Ofens mit Papier lag der Wert nur bei acht Mikrogramm pro Kubikmeter. „Solange die Ofentür und der Aschekasten gut abgedichtet sind, ist nicht mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen“, sagt Wensing, und empfiehlt: „Die Lüftungsklappen sollten so eingestellt sein, dass der Ofen gut zieht, und auf paraffinhaltige Anzünder sollte man verzichten.“

(Fraunhofer-Gesellschaft, 01.09.2014 – AKR)

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